Geteiltes Leid ist gleich halbes Leid?

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Geteiltes Leid ist gleich halbes Leid?

Beitragvon Schwesterherz » Di. 20.03.2012, 14:15

Hallo ihr Lieben.

In der letzten Zeit war so einiges los bei mir. Evtl haben es einige von Euch in der Vorstellungsrunde schon gelesen. Ich habe eine ältere Schwester die unter einer Persönlichkeitsstörung und evtl Boarderlinersyndrom leidet. Hilfe möchte sie sich auf gar keinen Fall in Anspruch nehmen, da sie selbst keine Krankheitseinsicht hat. Vor ca 2 Jahren kam es zu einer Zwangseinweisung, meine Eltern hatten das Gesundheitsamt alarmiert, da sie stetig Gewicht verlor, aussah wie ein Zombie und sich offensichtlich nicht mehr ernährte. Gespräche mit ihr haben bis Dato auch nie etwas gebracht. Die Psychologen die meine Schwester darauf hin besuchten stellten eine Selbstgefährdung fest und somit wurde die Entmündigung innerhalb von 3 Tagen vollzogen, womit wir alle nicht rechneten.
An dem Abend vor ihrer Einweisung ging es richtig rund. Meine Eltern zerzofften sich (da wohl bei jedem die Nerven blank lagen) und ich entschloss mich in meine Heimatstadt (mit dem zug gerade mal 30 Mins) zu fahren, da mich meine Schwester darum bat. Somit fuhr ich zu ihr und verbrachte zusammen mit einer engen Freundin von mir den Abend mit meiner Schwester und die darauffolgende Nacht. Meine Eltern bat ich darum nicht zu kommen, da ich einen aggressiven Ausbruch meiner Schwester befürchtete. Zuerst dachte ich: was haben wir getan? Sie war vollkommen normal. Von ihren paranoiden Vorstellungen und Realitätsverlust (Bsp: ich werde zwangsverheiratet, ich bin Polizistin,obwohl ich gar keine sein will; mein Telefon wird abgehört; mein Essen wird vergiftet etc) war keine Spur mehr. Der Schalter legte sich jedoch relativ schnell um und das ganze fing wieder an. Die ganze Nacht weinte sie und bat mich nicht zuzulassen dass sie in die Klinik muss. Ich war total überfordert. Am darauffolgenden Morgen kam die gesetzliche Betreuerin und bat sie mitzukommen. Total zerstreut packte meine Schwester daraufhin Kleidung für eine Nacht zusammen und wir fuhren los. An der Klinik angekommen eskalierte die Situation komplett. Meine Schwester krallte sich an mir fest und weinte non-stop. Ich kann das Gefühl gar nicht beschreiben. Nach der Anmeldung schlossen die Angestellten einfach irgendwann die Türe zwischen uns und ich musste gehen. Dieses Schlüsselerlebnis bekomme ich nicht los. Da sie trotz dem Aufenthalt in der Geschlossenen immer wieder Ausgang bekam, verschwand meine Schwester zwei mal aus der Klinik, einmal war sie 24 std verschwunden. Sogar das BKA wurde eingeschaltet.
Meine ganze Familie war total am Ende. Schließlich durfte sie die Klinik verlassen, ging in Therapie, hatte einen festen Partner und nahm Medikamente. In dieser Zeit hatte ich das erste mal seit langen wieder Zugang zu ihr.
Leider hielt dieser Zustand nicht lange an. Sie setzte die Medikamente heimlich ab, ging nicht mehr zur Therapie und wurde zunehmend wieder aggressiver und nahm rasant schnell an Gewicht ab. Bis Ende 2011 ihre Krankheit wieder an dem Höhepunkt war. Sie erzählte mir sie sei verliebt und weiss nicht in wen (ihre Partnerschaft ging vorher auch in die Brüche) und hatte wieder Verfolgungsphantasien. Nach Weihnachten bekam ich einen Anruf von einem Bekannten der an einer Tankstelle arbeitet, sie hätte ihm ihr Auto geschenkt und er weiss nicht wohin damit. Ein paar Tage später wurde ich von einem Kneipenwirt kontaktiert (ich komme aus einer Kleinstadt, da kennt jeder jeden), dass meine Schwester total wirr, ängstlich und auch aggressiv in der Kneipe war und Trouble machte. (ich befand mich zu dem Zeitpunkt wieder in meiner Wohnung in einer anderen Stadt). Ständig wurde ich nun kontaktiert und ich wusste nicht weiter. Meine Eltern führten endlos viele Gespräche mit ihr, baten ihre Unterstützung an, sowie sie zu Tageskliniken zu begleiten. Allerdings lehnt sie alles ab, wird böse, schreit und beschimpft meine Eltern in solchen Gesprächen nur.
Ich habe mich seit Weihnachten nicht mehr daheim blicken lassen, weil mich die ganze Situation total überfordert. Meine Schwester sucht ständig Kontakt zu mir, aber ich fühle mich nicht mehr in der Lage sie in diesem Zustand zu begleiten. Sie sucht mich auf, wenn ich nicht daheim bin klingelt sie nachts bei meinen Nachbarn und wartet bei ihnen bis ich nach Hause komme. Sie klingelt Sturm bei mir an den unmöglichsten Uhrzeiten (mittlerweile gab sie zu, dass sie es war). Ich mache die Tür allerdings nicht auf, ich habe keine Sprechanlage und ich öffne nicht einfach meine Tür wenn ich nicht weiss wer dort ist. Sie sieht mich als ihren einzigsten Bezugspunkt. Spricht mir auf den Anrufbeantworter und die ganze Sache verfolgt mich bis in meinen Träumen. Mittlerweile zucke ich schon zusammen wenn es an der Tür klingelt. An manchen Tagen bin ich so schlecht drauf, dass ich niemanden sehen will. Ständig habe ich ein schlechtes Gewissen, weil es mir "gut" geht und ihr nicht. Dass ich soziale Kontakte hab und sie nicht. Ich kann und möchte aber nicht ihr Ersatz für jedigliche Freundschaften sein, die sie nicht hat. Ich kann das alles einfach nicht mehr. Trotzdem habe ich ihr gegenüber ständig ein schlechtes Gewissen :(. Ich weiss nicht was ich tun soll, was richtig oder falsch ist...
Schwesterherz
 

Re: Geteiltes Leid ist gleich halbes Leid?

Beitragvon GLaDOS » Di. 20.03.2012, 17:31

Servus Schwesterherz,
da hast du ja mehr als eine Menge durchgemacht :shock: deine Schwester kann echt froh sein jemanden wie dich als Schwester zu haben. Aber deine Reaktionen in bezug auf ihr Verhalten sind für mich absolut nachvollziebar (hätte schon früher das Handtuch geworfen) du musst auf dich achten und schauen das du an dieser Situation nicht mit ihr "untergehst". Es ist völlig in Ordnung sich zu distantzieren...in deinem Fall denke ich auch notwendig!

Hast du schon mal daran gedacht dir selber Hilfe zu holen?

Deine Schwester hat sehr viel Kontrolle über dich und ist (soweit ich das lese) abhängig von dir...aber nur meine Meinung :roll: .

Liebe Grüsse
Anita
GLaDOS
 

Re: Geteiltes Leid ist gleich halbes Leid?

Beitragvon Schwesterherz » Di. 20.03.2012, 21:21

LIebe Anita.

Danke für deine Antwort! Im moment gehe ich alle 2-3 Wochen zur offenen Tür (City Seelsorge) in einer örtlichen Kirche. Die Pfarrerin ist wirklich kompetent und hilft mir auch meine Sichtweise auf die Dinge etwas zu verändern.
Ab dem 18. April habe ich auch einen Therapieplatz, bzw. erst einmal einen Termin zum Vorstellen. Ich hoffe dass ich damit etwas ruhiger werde. (Und dass ich auch das RDS ein bisschen in den Griff bekomme).
Was mir so zu schaffen macht ist, dass ich zur Zeit immer diese Alpträume habe. Entwder bin ich in ihrer Situation, völlig orientierungslos und verwirrt; oder ich träume dass ich rausfinde, dass sie sich heimlich in meiner Abwesenheit in meiner Wohnung befindet, bei sozialen Netzwerken unter meinem Namen meinen Freundeskreis kontaktiert etc. :( Diese Träume und v.a. mein schlechtes Gewissen machen mir zu schaffen. Jedes mal wenn ich mich mit Freunden treffe, Abends fort gehe, in die Stadt oder mit Freundinnen telefoniere muss ich daran denken, dass sie das nicht hat und bin deshalb tottraurig. Ich würde auch gerne mehr über solche Krankheiten erfahren, damit ich vllt einiges ein bisschen besser verarbeiten kann.
Die Frage die ich mir ständig stelle ist, in wie fern ich als Schwester mich da überhaupt raushalten kann. Und ob ich damit nicht vielleicht noch etwas schlimmer mache :(
Schwesterherz
 

Re: Geteiltes Leid ist gleich halbes Leid?

Beitragvon GLaDOS » Di. 20.03.2012, 22:18

Deine Alptäume kommen vielleicht daher das du all das was du unterm Tag nicht verarbeitest im Schlaf nachholst...rede mit der Pfarrerin oder später mit deinem Therapeut darüber. Vielleicht hilft es dir deine Träume am Morgen kurz aufzuschreiben...habe auch Monate lang unter Alptäumen gelitten oft war der ganze Tag dann zum vergessen. Im Endeffekt sind es aber nur Träume die können dir nichts. Nimmst du Medikamente zu schlafen?

Deine Schwester hat keine Einsicht im Bezug auf ihre Krankheit sie will keine Hilfe aus welchen Gründen auch immer (was wirklich sehr schade ist). Mir fällt hier der Vergleich mit einem Drogensüchtigen ein...der kann nur clean bleiben wenn er es selber will nicht wenn er es für jemand anderen macht. Vielleicht muss deine Schwester erst merken wie es ist wenn du nicht mehr für sie da bist um zu erkennen das sie Hilfe braucht.

Hab kein schlechtes Gewissen weil du dich gut amüsierst...geniesse es. Du kannst ihr nicht helfen wenn du selber am Boden liegst. Achte auf dich. Ich finde es auch gut das du etwas mehr über die Krankheiten erfahren willst.Vergiss nicht du bist nicht verantwortlich dafür wie deine Schwester sich verhält oder wie sie agiert...es ist ihre Verantwortung.

LG...
GLaDOS
 

Re: Geteiltes Leid ist gleich halbes Leid?

Beitragvon celestine » Mi. 21.03.2012, 09:02

Hallo Schwesterherz,

all das was du so schreibst, kommt mir sehr bekannt vor, mein freund leidet an einer narzisstischen
bps daher kann ich gut verstehen,wie hilflos du dich fühlst.
er ist nicht bereit in nee klinik zu gehen, medis nimmt er nach lust und laune.
das deine schwester, sich so verhält, dich fast schon terrorisiert gehört leider
zu dem krankheitsbild des borderliners. :?
mach dir kein schlechtes gewissen, das du abstand hälst es ist dringend nötig
du wirst ihr nicht helfen können, du wirst höchstens coabhängig und auf dauer
selbst krank.
es gibt zwei gute seiten im internet borderlinezone org. die hauptseiten
und das Forum da tauschen sich betroffene und angehörige aus. ich kann
dir die hauptseiten nur ans herz legen, du wirst einiges besser verstehen.
was deine träume anbelangt, kann ich mich nur gladus anschliessen,
da verarbeitet dein unterbewusstsein einiges.
Ich wünsche dir jedenfalls ganz viel kraft und vermeide den kontakt
solange es dir so schlecht geht.
du brauchst deshalb auch kein schlechtes gewissen haben, im gegenteil
ein borderliner braucht klare grenzen.. kannst aber alles nachlesen.
so lb. schwesterherz jetzt wünsche ich dir nen schönen tag
und pass auf dich auf ja. :cuddle: :cuddle: :troest:

ganz lb grüsse celestine
celestine
 


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