Ängste, Abreiten, essen und schlafen. Muss das so sein?

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Ängste, Abreiten, essen und schlafen. Muss das so sein?

Beitragvon Ceri » Mo. 19.03.2018, 08:37

Tag
Ich bin 28 und wohne wegen einer Angstörung seit kurzem in einer betreuten WG. Dort habe ich eine Therapie angefangen, wo ich lerne alleine Einzukaufen, mit Menschen zu sprechen usw.
Zeitgleich bin ich in einer Berufsfindungs Maßnahme, die in einigen Monaten endet.
Das Jobcenter weiß, dass ich noch nicht arbeitsfähig bin. Allerdings will auch niemand, ich auch nicht, dass ich nach dieser Maßnahme gar nichts mehr mache und nur zu Hause sitze. Darum wird überlegt, ob ich eine Ausbildung in einer speziellen Einrichtung für psychisch Kranke versuchen sollte.

Mein größtes Problem ist jedoch die Sache mit der Zeit! Ich kämpfe täglich mit Ängsten und habe oft das Gefühl, alles steigt mir über den Kopf. Zurzeit bin ich täglich um 16 Uhr zuhause, und dann bin ich oft so erschöpft, dass der Tag danach für mich gelaufen ist. Ich mache mir schnell einen Nudelbecher, weil richtig und gesund Kochen zu lange dauert, zu anstregend ist und ich mich lieber einfach nur noch ausruhen will! Manchmal gehe ich in den Pausen auf Toilette und weine dort, weil ich so unglücklich bin und mich nicht entscheiden kann, ob ich heute mal einkaufen, duschen, etwas richtiges Kochen oder Aufräumen soll - und letztlich weiß ich, dass ich sowieso nichts davon schaffe und bis zum Einschlafen vor dem Fernseher sitze, weil mir das alles zu anstrengend ist und Ausruhen viel angenehmer ist.

In so einer Vollzeit-Ausbildung wäre ich jedoch erst um 18 Uhr zuhause. Um diese Zeit liege ich derzeit meistens schon im Bett. Danach noch Duschen, essen, Haushalt etc. scheint für mich momentan undenkbar. Der Gedanke, mich gleichzeitig auf die Bewältigung der Ängste zu konzentrieren und dabei noch für die Berufschule lernen und zu Arbeiten und dann alles, was ich in der Woche nicht schaffe am Wochenende zu erledigen und dadurch kaum freie erholsame Zeit mehr für mich selbst zu haben, macht mich depressiv, ich fange an zu zittern und muss weinen. Sowas wäre für mich kein Leben.

Das nimmt jedoch keiner ernst. Die Leute Antworten darauf mit: "Du schaffst das schon, daran gewöhnst du dich, du bist noch jung und musst das können, das Leben ist nunmal so, man bekommt eben nichst geschenkt..." usw. Das ist nicht gerade hilfreich.

Ich weiß, dass es die Möglichkeit einer Teilzeitausbildung gibt, wo man nur den halben Tag arbeitet, aber ich weiß nicht, wie man daran kommt oder ob meine Probleme ausreichend sind, dass mir so etwas zugestanden wird, weil dies eigendlich nur für Mütter oder Menschen mit richtig schlimmen Problemen gedacht ist. "Vollzeit ist normal. Jeder muss das schaffen können."

Falls das mit der Ausbildung nichts wird, würde ich wohl eine andere Beschäftigung bekommen oder in eine neue Maßnahme geschickt werden.
Ich selbst will zwar auch vom Harz4 unabhängig werden, brauche jedoch nicht viel Geld zum Leben. Erholung und Lebenszeit ist mir wichtiger als Konsum. Es gibt zB Fabrikjobs, wo man nur halbtags arbeiten braucht und dennoch genug verdient, sodass es für eine kleine Wohnung und dem Lebensunterhalt ausreicht. Solche Jobs sind jedoch selten und wenn ich mich dort bewerbe, heißt es nicht, dass ich auch eingestellt werde - sofern sich mir die Ängste nicht in den Weg stellen.

Das Jobcenter hat das Sagen.
Die Angst vor einer Vollzeitbeschäftigung ist fast schon größer als die Angst vor den Menschen und den neuen unbekannten Situationen, die mich da erwarten würden. Manchmal wache ich nachts auf und fang an ewig darüber nachzugrübeln, wie ich das alles schaffen soll...

Es gibt ab und zu Tage, da haben wir früher Feierabend und ich bin schon um 14 Uhr zuhause. Da schaffe ich es, etwas gutes zu kochen, räume auf, lese sogar mal ein Buch und gehe danach nochmal in die Stadt spazieren. Der Stress lässt nach. Da kann ich glücklich sein. Da bereitet es mir Freude, Ängste zu überwinden und zB mal einen Verkäufer etwas zu fragen. Ich schaffe mehr als nur Abreiten, essen und schlafen.
Aber ich weiß, dass sowas eine Ausnahme und in einer Vollzeitbeschäftigung undenbkar ist.

Was meint ihr, was soll ich tun?
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Re: Ängste, Abreiten, essen und schlafen. Muss das so sein?

Beitragvon Ingo » Mi. 21.03.2018, 06:55

hallo Ceri,
eine möglichkeit wäre, du machst keine ausbildung und gehst zur wfbm(werkstatt für behinderte menschen), oder ähnliche einrichtung.
dann musst du mit deinem psychiater reden, das du es nicht schaffst so viel zu arbeiten, normal geht er drauf ein.
in der wfbm gibst du den wisch vom arzt, also deine bestätigung zu weniger arbeitszeit ab und schon läuft alles.
natürlich wirst du dort nie viel geld verdienen, aber mit zusammen mit harz4 kommt man durch.
und der vorteil liegt darin das für deine rente eingezahlt wird und nicht viel geld zu verdienen.

hilfreich wäre für dich auch, wenn du eine/n gesetzlichen betreuer/in hast, gib ihn/ihr aber nicht alle rechte auf dich, es reicht wenn er/sie sich um deine papiere kümmert.
gruß ingo
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Ingo
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Re: Ängste, Abreiten, essen und schlafen. Muss das so sein?

Beitragvon Senta » Mo. 14.05.2018, 18:02

Hallo Ceri,
Ausbildung finde ich aber doch wichtig!
Wenn du die in einem geschützten Rahmen machen kannst, wirst du so Vieles lernen, was dir jetzt noch Angst macht, ohne dich zu überfordern.
Da werden deine Betreuer dich doch nicht allein lassen damit!

Beim Jobcenter gibt es auch spezielle Berater für diese problematischen Einstiege.

Hat sich bei dir etwas ergeben?
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