Blinde Mädchen geben nie auf!

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Blinde Mädchen geben nie auf!

Beitragvon Josi16 » Do. 13.04.2017, 15:29

Nachdem ich mich vorgestern vorgestellt habe, möchte ich heute meinen ersten Beitrag verfassen.
Dieser könnte schon etwas lang werden, aber ich muss mir das Ganze einfach mal von der Seele schreiben. Naja, wo soll ich anfangen? In meinem Leben will einfach nichts gelingen. Ich habe das Gefühl, sobald ich mal richtig glücklich bin, geht alles wieder in's schlechte über. Wie ich ja gestern bereits erwähnte, bin ich seit Geburt an blind. Ich musste also die Dinge, die ich euch jetzt erzähle mit keiner Sehkraft erleben.

Es begann alles im Kindergarten. Das war mit einer der schönsten Zeiten in meinem Leben. Ich war in einer stinknormalen Kindergartengruppe reinintegriert. Dadurch hatte ich eine Einzelbetreuung für mich allein. Ich wurde verwöhnt, wie eine kleine Prinzessin. Und es war ja nicht mal so, dass ich in meiner Gruppe unbeliebt war, zumindest kann ich mich an nichts anderes erinnern. Klar, hatte ich nicht so viele Freunde, aber es gab zumindest ein paar Kinder, die ganz gern mit mir gespielt haben. In dieser Zeit begann bei mir auch schon die sogenannte Frühförderung. Das bedeutet, dass mich eine speziell ausgebildete Person, auf das, was dann nach der Zeit kommen würde vorbereitet. Sozusagen, für das unvorhersehbare rüsten sollte, aber anscheinend ist das ganz schön daneben gegangen, auch wenn diese Zeit wunderschön war, aber wenn ihr diese Geschichte fertig gelesen habt, werdet ihr der selben Meinung sein.
Es ist auch so, dass ich ein sehr geringes Selbstvertrauen habe. Aber ich habe heerausgefunden, dass es vermutlich an den reaktionen von meinen Eltern von damals gelegen hat. Zum Beispiel wurde ich von einigen Kindern zum Kindergeburtstag eingeladen. Doch meine Mutter erlaubte mir fast nie da hinzugehen. Sie meinte, dass es für mich viel zu gefährlich sei, gerade die vielen Treppenstufen und so, das würde ja gar nicht gehen. Meiner Meinung nach hat meine Mutter damals einen riesen Fehler gemacht. Ein Kind kann doch nur auf das Leben vorbereitet werden, wenn man ihm auch was zutraut. Ich meine, wenn das alle Mütter so machen würden, wie meine, dann würden ja zu keinen Kindergeburtstagen jemals Kinder kommen, und außerdem würde sich dann kein Mensch mehr was zutrauen. Und wenn sich kein Mensch mehr was zutraut, was wäre dann die Welt. In der Welt muss es doch selbstbewusste Menschen geben, wie in der Politik. Wenn irgendwelche Minister ihre Länder nicht verteidigen können, weil sie kein Selbstvertrauen haben, ich will gar nicht dran denken. Jedenfalls hat mir meine Mutter fast nie irgendwas zugetraut, und das war ein großer Fehler. Während die anderen Kinder überall hindurften, durfte ich fast nirgendwo hin. Ich kann mir schon vorstellen, warum meine Mutter so gehandelt hat, weil ich ja anders bin, als die anderen, weil ich ja auf Deutsch gesagt (behindert) bin, aber ich finde, gerade als blindes Mädchen sollte man später ein gesundes Selbstvertrauen haben, und wenn man einem Kleinkind nie was zutraut, egal, ob es nichts sieht oder hört, wird es irgendwann sich selbst auch nichts mehr zutrauen.
Naja, irgendwann war dann die Zeit gekommen, dass mir meine Mutter erzählte, ich würde bald zur Schule kommen.
Und so war es dann auch. Im September 2007 wurde ich eingeschult. Allerdings war das ganze bei mir etwas anders. Aufgrund meiner Blindheit konnte ich ja nicht auf eine ganz normale Schule gehen, nein, ich kam auf einen Blindenschule. Und da damals alle sagten, es gäbe in Sachsen nur eine Schule für Blinde gibt, musste ich in ein Internat. Da diese Schule anderthalb Stunden von meinem zu Hause weg war. Das Schuleingangsfest an sich war ganz schön. Doch der Teil danach, also der Abschied war echt doof. Doch ich musste mich ja irgendwie damit abfinden. Ich meine, ich wurde ja vorher darüber informiert, dass ich über die Woche nicht zu Hause sein würde, aber da dachte ich, meine Eltern würden mit ins Internat kommen, aber in diesem Moment musste ich realisieren, dass das nicht der Fall war. An diesem Nachmittag lernte ich dann auch schon die ersten Mitbewohner kennen. Die meisten waren auch Schulanfänger. Ich erinnere mich noch, als meine Eltern mich an diesem Abend anriefen, und ich kein Wort verstand, weil es so laut war. Ich hatte dort ein Zweierzimmer mit einer Lena. Sie war das genaue Gegenteil von mir. Ich war schüchtern, sensibel und so, und sie war sehr turbulent, selbstbewusst. Doch im Nachhinein war Es von den Erziehern dort ein großer Fehler mich und Lena in ein Zimmer zu stecken. Schon am ersten Abend, als es Zeit war, ins Bett zu gehen, war folgende Situation. Wir beide lagen schon im Bett, und die Erzieherin fragte uns, ob die Tür offen bleiben oder zugemacht werden soll. Ich konnte mit zugemachter Tür einfach nie schlafen, bei mir musste die Tür immer offen sein, aber natürlich sagte Lena, dass die Tür zu sein soll, und damit hatte sie auch gewonnen. Ich weiß jetzt noch, wie ich stundenlang im Bett wach lag, und einfach nicht schlafen konnte. Ich hörte, dass Lena schon längst schlief.
Naja, jedenfalls war die Zeit, in der ich ins Internat kam der Wendepunkt in meinem Leben, aber es war leider ein negativer Wendepunkt. Ich erinnere mich noch, wie wir am nächsten Tag aus der Schule kamen, und es Mittagessen gab. Die anderen Kinder konnten alle schon etwas mit Messer und Gabel essen. Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt immer nur mit Löffel gegessen. Die Einzelbetreuung im Kindergarten hat mir das Essen immer klein gemacht, sodass ich nie mit Besteck essen musste. Seitdem bekam ich jeden Montag in der ersten Klasse Lpf (lebenspraktische Fertigkeiten). Dafür gibt es auch speziell ausgebildete Personen, und jeden Montagmittag kam so eine, und übte mit mir, wie man mit Besteck isst, oder wie ich ordentlich eingieße und so. In der Schule allerdings gab es gar keine Probleme. Immer, wenn wir einen neuen Buchstaben lernten, wusste ich schon, wie man ihn schreibt, was die Meisten anderen nicht wussten. Ihr müsst wissen, als Blinder Mensch schreibt man ja nicht mit Stift und Papier, nein, ich habe mit einer sogenannten Blindenschreibmaschine schreiben gelernt. Diese Maschine hat eine lange Leertaste, und rechts und links daneben je 3 Tasten neben einnander. Jeder Buchstabe in Punktschrift hat eine andere Tastenkombination. Das a zum Beispiel Punkt 1. Das ist die Taste gleich links neben der Leertaste, oder das b Punkte 1, 2, da muss man dann die zwei Tasten links neben der Leertaste drücken. Aber ich habe außerdem noch die Druckbuchstaben in eurer Schrift lernen müssen. Dafür gab es dann Buchstaben aus holz geformt, die ich dann erfühlen konnte. Außerdem bekam ich auch Mobilitätstraining, dafür gibt es ebenfalls ausgebildete Menschen. Man lernt dort, wie man mit dem Blindenstock geht, wie man sich im Straßenverkehr zu recht findet, wie man als Blinder einkaufen geht und so. Mit Lpf kam ich dann ganz gut vorwärts, schon innerhalb von wenigen Monaten lernte ich, mit Messer und Gabel zu essen, und so weiter. Was ich damit sagen will, dass ich damals viel mehr lernen und aushalten musste. Doch mit dieser Lena wurde es dann echt schlimm. Sie schien schnell gemerkt zu haben, dass ich ein sehr schlaues Mädchen war, doch sobald ich mal einen Fehler machte, oder auf irgendeine Frage, die sie mir stellte nicht antworten konnte, aber da war was los, kann ich euch sagen. Sie rastete regelrecht verbal und sogar körperlich Aus. Sie zwickte und biss mich dafür, und ich war so klein und hilflos und blind. Sie war sehbehindert, aber sie sah halt noch was. In der zweiten Klasse zum Beispiel, war es richtig schlimm. Für jeden Fehler, den ich machte wurde ich von ihr bestraft. Und die Erzieher taten nichts dagegen. Selbst meinen Eltern erzählte ich das nicht, weil ich damals schon das Gefühl hatte, mir würde keiner glauben. Aber wenn Lena mal weinte, oder sie irgendwie Kummer hatte, dann musste ich gleich rann, und sie trösten, was bei mir, wenn ich weinte, nie der Fall war. Mit Lena musste ich es drei und ein viertel Jahr aushalten, und dann war endlich Ruhe. Anfang der vierten Klasse zogen wir in ein anderes Gebäude, und da bekam ich dann ein Einzelzimmer. Ich freute mich sehr darüber, endlich meine Ruhe zu haben, und mich nicht mehr von einer gewissen Lena Rumkommandieren lassen zu müssen. Doch in der vierten Klasse änderten sich dann auch die Erzieher. Die anderen Erzieher fand ich eigentlich ganz in Ordnung, außer einem, sie hieß frau Boxhammer. Sie war echt schrecklich, naja, im Laufe meines Internatslebens habe ich schon eine viel schrecklichere Erzieherin ertragen müssen, aber Frau Boxhammer war auch nicht gerade nett. Bei jeder kleinsten Kleinigkeit schreite sie rum. Sie beschuldigte mich für Dinge, für die ich nichts konnte. Aber auch bei den anderen war sie nicht gerade beliebt.
Im nächsten Schuljahr dann, änderte sich auch einiges. Was ich noch sagen müsste, ich kam nach der vierten Klasse noch nicht gleich in die fünfte, nein, das nächste Schuljahr nannte sich an dieser Schule Klasse 4D. Das D steht für Dehnungsjahr, genau. Jedenfalls hatte ich mich im vorigen Schuljahr mit einem Mädchen aus meiner Klasse sehr gut angefreundet. Sie hieß Sophia. Sie war auch ruhig wie ich, und hatte aber eine Lernbehinderung. Als ich in die 4d kam, wechselte sie in den L-teil, denn im vorigen Jahr war sie noch im normalen Grundschulteil, doch mir war es egal, ob sie lernbehindert war, oder nicht, jedenfalls wurden wir sehr gute Freunde. Das Schöne war, dass als ich in die 4d kam, sie auch ins Internat kam. Vorher war sie nämlich Tagesschülerin, doch wahrscheinlich wurde ihr dieses tägliche fahren einfach zu viel. Sophias Mutter setzte sich jedenfalls sehr dafür ein, dass wir beide zusammen in ein Zimmer können, und es hat geklappt. Seit dem ersten Tag in der 4d waren ich und sie unzertrennlich. Wir haben jede Minute zusammen abgehangen, und das war echt toll. Doch natürlich war diese Sicherheit mit ihr auf einem Zimmer zu bleiben nicht lange da, denn ungefähr 3 Monate später kam noch ein neues Mädchen in die Gruppe. Ich kannte sie auch aus meiner Klasse, sie war auch Tagesschülerin. Doch bevor sie kam, verkündeten die Erzieher, dass sie mit Sophia in ein Zimmer soll, weil sie sich von früher aus dem Hort so gut kennen würden, und sie deswegen gut in ein Zimmer passen würden. Doch obwohl ich total schüchtern war, gab ich alles dafür, dass ich und Sophia in ein Zimmer konnten, und ich hatte es geschafft. Wenn mir ein Mensch wirklich sehr an's Herz gewachsen ist, dann tue ich alles für diesen Menschen, egal was. Ich habe das Gefühl, das es viel zu wenige Menschen schätzen, aber egal.
Als es dann soweit war, und das Mädchen kam, änderte sich wieder etwas. Aber diesmal war es etwas Schönes, diese Frau Boxhammer hat es scheinbar bei uns nicht mehr ausgehalten, weil sie mit einmal verkündete, dass sie geht. Wir freuten uns alle riesig. Doch bereits ein halbes Jahr später, also im früher 2012 wurde wieder etwas anders. Doch dieses Mal war es nicht gerade was Schönes. Die Mädchen fingen aus irgendeinem blöden Grund an, mich zu ärgern. Auf dem Spielplatz beschimpften sie mich ständig, und ließen mich einfach nicht in Ruhe. Sophia hielt sich Gott sei Dank zurück, aber die anderen gingen gar nicht. Doch nach wie vor war Sophia meine beste Freundin, während die anderen manchmal einfach so weg rannten, wartete Sophia immer auf mich, das war total lieb. Auch in dieser Zeit wurde verkündet, dass im nächsten Schuljahr ein neues Mädchen zu uns kommen sollte, und dafür eine aus meiner Klasse gehen sollte. Naja, diese Zeit war schon ziemlich hart. Jeden Montag, wenn ich mit dem Taxi nach Chemnitz fuhr, hoffte ich, dass die Woche bloß alles gut gehen würde, ich wünschte mir einfach mal eine Woche ohne Streit, doch dieser Wunsch wurde mir meistens nicht erfüllt. Ich kann mich auch noch gut an so manche Abende erinnern, an denen ich allein in meinem Zimmer saß und heulte, und niemand tat etwas dagegen, aber das war ich mich ja gewöhnt. Dann waren endlich Sommerferien, und der Sommer 2012 war mit einer der schönsten meines Lebens. Ich war auf dem Konzert meiner damaligen lieblingsband Silbermond. Das war der Hammer. Nach dem Konzert, als wir wieder zu Hause waren, musste ich im Bett Übels heulen, weil ich damals für diese Band so geschwärmt habe. Und generell hatte ich in diesem Sommer total viel Spaß, aber auch Streit, mit meinen großen Schwestern. Doch genau in der Zeit, in der es am schlimmsten war, durfte ich ein Wochenende lang zu Sophia, und das war echt schön. Doch dann begann schon das neue Schuljahr, jetzt war ich endlich fünfte Klasse. Die neue hieß Helene und war eigentlich total nett, und durch sie hatte dann auch das Mobbing gegen mich auf. Gleich Anfang dieses Schuljahres hatte ich mir das Sprunggelenk gebrochen, und in dieser Zeit wuchsen ich und Helene schon etwas zusammen.
Seit meinem 5. Lebensjahr spielte ich Klavier, und im Dezember der fünften Klasse hatte ich meinen ersten Auftritt. Bei einem Weihnachtskonzert durfte ich spielen, der Auftritt war ein riesen Erfolg, und ich bekam tüchtig Ablauts. Ach ja, die Fünfte Klasse war schon eine ganz schöne Zeit. Im Januar dann geschah noch etwas Tolles. Ich durfte über Nacht in eine andere Etage zum Schlafen, wo auch schon ein anderes Mädchen war, das ich sehr mochte. Das war sozusagen die Wg Etage, und ich war richtig stolz auf mich, als ich es dahin geschafft hatte. Und der Frühling 2013 war der Hammer. Wenn ich so zurückdenke, war das in meinem Internatsleben echt die schönste Zeit. Die anderen Mädchen wollten immer nur mit mir zusammen abhängen, sie stritten sich regelrecht um mich, das nervte mich teilweise sogar, doch das, was danach kam, war alles andere als schön.
Nun kam ich in die sechste Klasse. Die ersten Monate verliefen ganz normal, doch ungefähr im November fing alles an. Es war nach den Herbstferien, und ich hatte alle Hefter, die ich an diesem Montag nicht brauchte zu Hause vergessen. Als ich das mitbekam, hatte ich den größten Schock der Welt bekommen, ich rief sofort meine Mutter an, sie versuchte zwar mit irgendwelchen Sätzen wie: "Dann kannst du dir doch mal von den anderen die Hefter borgen", oder: "Da finden wir schon eine Lösung", ja schön, welche denn? Und ich wusste genau, dass ich mir von den anderen definitiv nichts borgen konnte, weil sie zu dieser Zeit total komisch zu mir waren. Unser Verhältnis war längst nicht mehr so, wie im Frühjahr, und danach als ich abends im Sportverein war, passierte mir noch etwas. Wir sollten über Reifen springen, ich fiel hin, und verstauchte mir den Arm. Total unglücklich kam ich wieder ins Internat zurück. Und die nächste Nacht war das Grauen. Ich musste für so vieles lernen, und wollte es auch. Doch wen ich keine Hefter habe, dann konnte ich auch nicht lernen. Überhaupt hatte ich keine Ahnung, was am nächsten Tag passieren würde. Sollte ich nach Hause fahren? Oder doch lieber in die Schule gehen? Ich war total ratlos. Ich wünschte mir, dass ein Engel käme, der zu mir sagte, dass ich einen Wunsch frei hätte, dann würde er mir die Hefter wieder bringen, und alles wäre in Ordnung. Und ich wünschte mir in dieser Nacht, dass einfach nicht der nächste morgen kommen würde, das die Zeit einfach stehen bleibt, tief innerlich wusste ich, dass natürlich der nächste morgen kommen würde, und schneller als ich dachte schlief ich ein. Als ich dann wieder aufwachte, war es 6.20Uhr. Ich wollte das nicht realisieren, aber eh ich drüber nachdenken konnte, kam schon unsere Erzieherin rein, die uns wecken sollte. Ich hatte mich dann für die Vareante entschieden, ihr zu sagen, dass mein Arm so weh tut, dass ich gar nicht zur Schule könnte. Natürlich war das eine Lüge, weil mir mein Arm überhaupt nicht mehr weh tat, doch wenn ich in die Schule gehen würde, hätte ich lauter schlechte Noten und Einträge für vergessene Hefter bekommen, und das wollte ich mir auch nicht an tun. Also sagte ich, dass mir mein Arm noch sehr weh tut, und ich nach Hause müsste. Zum Glück glaubte mir das die Erzieherin. Am Vormittag war ich dann in der Tagesgruppe geblieben, und am späten Nachmittag kam dann endlich mein Taxi. In den nächsten Tagen bekam ich erst mal Haufen Vorwürfe von meiner Familie, von wegen ich würde die Schule schwenzen, oder solche Kommentare wie: "Na wenn sie sich das leisten kann!" Usw. Die nächste Woche jedoch war dann die Hölle. Erstmal musste ich am darauffolgenden Sonntag viel abschreiben, damals hatte ich noch erstaunlich viel Kraft um abends länger zu arbeiten, was ich auch voll ausnutzte. Auch am Montag, als ich dann wieder im Internat war, hatte ich Abends über 3Stunden, vielleicht sogar noch mehr gelernt, um ja am nächsten Tag gute Noten zu bekommen, und um ja keinen Ärger für nicht nachgeholte Sachen zu bekommen. Denn am nächsten Morgen, gleich in Französisch schrieben wir eine Arbeit. Die Lehrerin war erstaunt, dass ich das alles schon abgeschrieben hatte. Auch wenn dann die Arbeit glaub ich nicht ganz so gut ausfiel hatte ich wenigstens den Bonuspunkt für das Nachholen. In Musik dann ging es gleich weiter. Ich musste eine müntliche Leistungskontrolle machen, für die ich nicht gelernt habe. Und damit habe ich natürlich mit einer glatten 6 voll bei meiner Klasse gepunktet. Und dann bei der Liedkonntrolle, die ich ebenfalls nachholen musste, hatte ich dann wenigstens eine 1 und eine 2. Wenigstens etwas. Der Nachmittag dann war echt schlimm. Zu dieser Zeit habe ich ja, wie schon erzählt voll auf Silbermond abgefahren. Und jetzt stellt euch mal vor, nur weil ein anderes Mädchen zu erst auf diese Band gestanden hat, und ich es ihr aber erst zu dieser Zeit sagte, fingen seitdem alle an mich zu verurteilen. Sie schimpften auf mich ein, dass Aylin, so hieß sie, jetzt wegen mir nie wieder richtig schlafen könne, und das ich sofort aufhören soll, auf sie abzufahren, als ob sowas ein Verbrechen wäre. Aber damals war ich eben noch ein ganz anderes Mädchen. Ich war schüchtern, und ließ alle schlechten Sachen an mich rann. In der nächsten Nacht schlief ich überhaupt nicht gut. Irgendwie konnte ich Aylin etwas verstehen, doch was mich am meisten ärgerte, dass die anderen sich da so reinhängten. Ich meine, wenn, ist es eine Angelegenheit zwischen mir und Aylin, wo sich kein anderer reinzuhängen hat, aber so ist die heutige Menschheit eben. Am nächsten Tag bekam ich von den Anderen nur Vorwürfe um die Ohren gehauen, von wegen, das ich an allem schuld bin, und das ich dies und jenes getan habe. Es war einfach nur schlimm.
Endlich war Weihnachten, und unser Streit hatte sich wieder etwas beruhigt, zum Glück, ich meine, wer will schon verstritten ins neue Jahr starten. So ihr lieben, das war noch längst nicht alles, doch das Jahr von dem ich euch jetzt etwas erzählen werde, war das schlimmste Jahr in meinem Leben, schlimmer kann es echt nicht mehr gehen. Schulisch gesehen rutschte ich im Januar 2014 total ab. In Mathe erlebte ich zum ersten Mal die Situation, dass ich im Unterricht sitze, und wirklich nichts vom dem was der Lehrer sagt auch nur ansatzweise kapierte. Am Ende einer Stunde drohte sie mir sogar mit einer 6 für mündliche Mitarbeit, weil ich keinen Ton von mir gegeben hatte. Im Internat blieb ich ebenfalls nicht unverschont. Vor einer gewissen Zeit hatte ich meinen Eltern mal erzählt, dass ich fand, dass ich im Internat überhaupt keine Zeit zum Lernen habe, weil die Erzieher so viel verlangten, dass für wichtigere Dinge gar keine Zeit mehr bleibt. Und das war keine Lüge, es war einfach meine Meinung. Doch wahrscheinlich konnten bestimmte Erzieher mit Meinungen ihrer Kinder nicht umgehen. Es war mal wieder ein Montagabend, als wir vom Sport kamen und wir alle unser Abendbrot aßen, verkündeten die Erzieher auf einmal, dass wir dem nächst weniger unternehmen müssten, weil (eine gewisse Person) gesagt hat, dass sie keine Zeit zum lernen mehr hat. Ich dachte, ich hör nicht richtig. Bolz gut, dass keiner wusste, wer diese gewisse Person war. Doch Lena hatte es anscheinend gewusst, denn Helene fragte irgendwann, wer diese Person sei, und Lena tippte auf mich. Nach dem Essen erledigte ich meinen Tischdienst relativ schnell. Währenddessen durfte ich mir von den Erziehern anhören, was für eine egoistische, undankbare Lügnerin sei, und vor allem, wie feige ich sei. Ich hätte ja ruhig mal vor den anderen zugeben sollen, dass ich diese Gewisse Person bin, Usw. Alter, was wollen die denn? Wenn ich das zugegeben hätte, hätten die mich todgemobbt, was sie ja in den nächsten Monaten sowieso schon fasst haben, aber naja. Die folgenden Nächte waren dann wieder die Hölle. Ich konnte schlecht schlafen, und immer an den Sonntagabenden, bevor ich wieder zur Schule musste, hatte ich richtig krasse Angst davor, doch meinen Eltern und auch sonst niemandem sagte ich das, nein, ich habe das alles ganz alleine überstanden.
Im Februar war es dann so weit und es gab Zeugnisse. Meine Klassenlehrerin war krank, deswegen haben wir sie von unserer Stellvertreterin bekommen. Doch genau an diesem Tag erfuhr ich etwas, was ich nie gedacht hätte. Es ist ja so, dass wir an unserer Schule nur ganz kleine Klassen haben, wir waren damals nur 6 Schüler. Und ich musste erfahren, dass ich die zweitschlechteste der Klasse bin, d.h. ich kam vom Durchschnitt genau nach unserem schlechtestem, ich musste mir wirklich meine Tränen unterdrücken, was ich auch relativ gut schaffte. Das konnte ich einfach nicht fassen, die zweitschlechteste der Klasse zu sein.
In den darauffolgenden Winterferien ging es mir so schlecht, wie eigentlich noch nie. Ich war traurig, wurde aggressiv gegenüber meinem kleinen Neffen, obwohl er ja gar nichts für meine schulischen Leistungen konnte. Im Nachhinein betrachtet tat er mir damals richtig leid, dass er mich so aggressiv erleben musste, doch ich wusste eben einfach nicht, an wem oder was ich meinen innerlichen Frust rauslassen sollte. Zu dieser Zeit war ich auch viel auf YouTube und so, ich gab solche Sachen wie, traurige Mädchenvideos ein, oder so. Und auf einmal sah ich ein Video mit dem Titel: Schrei nach Hilfe, wenn sich Mädchen selbst verletzen. Häh? Was sollte das denn bedeuten, wie denn selbstverletzen? Und vor allem, was hat das mit nach Hilfe schreien zu tun, ich kapierte nur Bahnhof, weil ich noch nie davon hörte, dass man sich selbstverletzen würde. Ich klickte das Video an, es war eine Doku. In dieser Doku ging es um Mädchen in einer Psychiatrie, die sich die Unterarme aufschneiden würden und sich selbst hassen und so. Nachdem ich dieses Video gehört hatte, war ich sehr nachdenklich, aber trotzdem konnte ich es mir nicht vorstellen, wie man sich selbst mit scharfen Gegenständen in die Haut schneidet. In dieser Doku wurde das ritzen genannt. Ich erzählte meiner Mutter davon, und die wusste davon irgendwie ein bisschen bescheid, trotzdem, wie bekloppt muss man denn sein, um sich in die Haut zu ritzen, Vor allem, was sollte das bringen? Und sowas muss doch total wehtun. Naja, trotzdem machte mich dieses Video irgendwie nachdenklich, um und so mehr ich drüber grübelte, kam ich zu folgendem Entschluss. Meine Aggressionen an Menschen auszulassen ist völlig falsch, ich meine, sie können ja nichts für meine Probleme, die einzige, die was dafür kann, bin ich selbst. Ja, genau, das ist es also, ich muss mich selbst irgendwie bestrafen, das wäre sinnvoll.
Als die Schule wieder begann, kam ich auf eine Idee. Mir wurde schon ziemlich oft gesagt, wie fett ich eigentlich sei, solche Dinge wie: Pummelchen, oder Dickerchen musste ich schon manchmal hören. Ich hatte auch schon von der sogenannten Magersucht gehört, das wäre es doch, dachte ich mir. Wenn ich einfach eines Morgens der Erzieherin sagen würde, dass ich nichts mehr essen will. Sobald sie uns wecken kommen würde, könnte ich ihr das einfach sagen. Und ich würde es durchhalten, da war ich mir ganz sicher. Doch das war gar nicht so einfach. Jeden morgen wachte ich schon immer ungefähr eine Stunde vor dem aufstehen auf, das war praktisch, denn in der Zeit überlegte ich, wie ich es den Erziehern verklickern sollte. Und eines Morgens, da war es endlich so weit. Und das war der Tag, wo alles anfing. Was, werdet ihr innerhalb der nächsten Abschnitte erfahren. Es geschah das Übliche. Erzieherin kam rein, wünschte uns einen guten morgen, und dann legte ich sofort los. Indem ich schlicht und einfach sagte: "Frau Pester! Ich möchte nichts mehr essen", sie staunte, weil ich ja sonst schon einen sehr guten appetit hatte, aber sie erlaubte es. Ich kam trotzdem zum Frühstückstisch aber nur um was zu trinken. Meine Mitkameraden waren aber nicht gerade besorgt um mich, vielleicht ein bisschen, aber sie löcherten mich eher mit Fragen. Was willst du damit bezwecken? Oder, Wie lange willst du das durchhalten? Und ich gebe zu, dass ich sogar Antworten auf diese Fragen hatte. Ich wollte einfach nur ganz wenig wiegen ungefähr 25 Kg oder so. Natürlich klingt das total unrealistisch, aber das waren halt nun mal meine Vorstellungen. Dass ich an diesem morgen nichts zu mir genommen hatte, machte sich in der Schule sehr bemerkbar, was ich niemals gedacht hätte. Ich kann mich zum Beispiel gut an Bio erinnern. Ich war viel unkonzentrierter als sonst. Während die anderen schon fast mit irgendwelchen Arbeitsblättern fertig waren, hatte ich noch nicht mal begonnen. Auch in der Frühstückspause aß ich so gut wie nichts. Selbst als eine Schülerin Gummibärchen anbot, nahm ich nichts. Das Mittagessen nach der Schule war die Qual. Die Erzieher mussten mich regelrecht dazu zwingen zu essen. Irgendwann gab ich dann auf, und aß brav mein Essen, doch als ich fertig war, hat der Unterricht schon angefangen, das ist mir noch nie passiert. Ich hatte mit Absicht langsamer gegessen, weil ich hoffte, dass die Erzieher mich endlich aufstehen ließen, doch die meiste Zeit ließen sie nicht locker. Am Nachmittag war ich, wie immer, allein in meinem Zimmer. Damals hatte ich zwar noch ein Zweibettzimmer, aber meine Zimmerkameradin war immer bei den anderen. Ich dachte drüber nach, ob es denn nicht noch eine andere Methode geben würde, wie man sein essen irgendwie loswird, denn ich hatte schnell mitbekommen, dass die Erzieher das nicht lange mitmachen würden. Dann fiel mir ein, dass ich mal etwas von der Krankheit, Bulimie gehört habe. Die sogenannte Essbrechsucht, ich entwickelte eine neue Idee. Ich könnte doch nach dem Essen einfach brechen gehen. Ich würde ganz brav mein Essen zu mir nehmen, und es dann still und heimlich erbrechen. Das war mein Vorhaben für das Abendessen. Doch als wir damit fertig waren, und ich ins Bad rannte, und es versuchte, klappte es irgendwie nicht. Klar, ich wusste, dass man sich den Finger in den Hals stecken müsste, oder so, aber so dumm wie ich damals war, hatte ich keine Vorstellung davon, wie das gehen sollte. Dieser Abend war echt die Hölle. Als meine Mutter anrief, schrie ich sie regelrecht an, ich glaube, aus dem Nachbarbad verstand man jedes Wort. Ich war so fertig wie noch nie zu vor. Zum Glück ging es am nächsten Tag nach Hause. Zu Hause war es genau dasselbe Spiel. Meine Eltern mussten mich zum Essen zwingen. Ich glaube, wenn mich meine Eltern nicht gezwungen hätten, hätte ich Tagelang nichts gegessen. An irgendeinem morgen wog ich nur noch 49 Kg. Ich war total stolz auf mich und wollte unbedingt noch mehr abnehmen. Wenn ich das nur mit dem erbrechen noch rauskriegen würde, dann wäre es perfekt. An diesem Wochenende googelte ich, was das Zeug hielt. Ich las Beiträge auf gutefrage.net, wie man erbrechen herbeiführen kann, und am Sonntagabend hatte ich den Dreh dann endlich raus, wie man sich den Finger reinsteckte. Ich war so glücklich, doch irgendwie auch nicht. Mir graute vor dem nächsten Tag, vor der Schule. Doch aus irgendeinem Grund bekamen die Mädchen das mit dem Erbrechen raus. Seitdem wurde ich Woche für Woche immer mehr gemobbt, das Mobbing fing dann richtig an, und ich rutschte richtig in die Bulimie rein. Das Mobbing wurde sowas von schlimm. Sie beschimpften mich, lachten mich aus, wenn ich im Unterricht was Falsches sagte. Sie nutzten meine Blindheit aus, indem sie mir Sachen in den Weg stellten, es war einfach die Hölle. Und das schlimmste war eigentlich, dass ich nicht, wie ein normales Mädchen nach der Schule nach Hause konnte, oh nein, so gut hatte ich es nicht. Ich wurde 24 Stunden lang durch gemobbt und beschimpft. Außer am Wochenende. Und genau in dieser Zeit entstand meine Depression. Aber es gab auch ein was Gutes. Ich hatte damals noch eine einzige Freundin. Sie war das einzige Mädchen, das zu mir hielt, sie machte sich riesige Sorgen um mich, das war soooo lieb. In dieser Zeit sah mein Tag folgendermaßen aus.
7.30Uhr: Zeit zum Aufstehen, allein das aufstehen war schon die Hölle, am liebsten wäre ich im Bett geblieben, doch was blieb mir anderes übrig? Eine viertel Stunde später gab es dann Frühstück. Ich aß höchstens ein halbes Brötchen, oder Obst. Allein beim Frühstück bekam ich schon die ersten Beschimpfungen an den Kopf gehauen, und von Lena sogar schon die ersten Schläge, wenn es ganz hart kann. Sie boxte mir richtig gegen den Kopf, oder wo anders hin. Zum Erbrechen hatte ich nach dem Frühstück meistens keine Zeit, weil ich mich auf die Schule vorbereiten musste. Ungefähr halb acht begann der Unterricht. Den ganzen Schultag saß ich einfach nur da, und überlegte, was ich bloß falsch mache. Ich meldete mich so gut wie nie, ist ja eh alles falsch, was ich sage. Mittags dann aß ich etwas von meinem Essen, was ich dann wieder erbrach. Doch das tat ich auch nicht immer, denn wenn ich gebrochen hatte, konnte ich mich dann in den folgenden Unterrichtsstunden noch schlechter konzentrieren. Am Nachmittag hatten wir meistens Zeit für uns, die anderen hingen zusammen ab und lästerten über das sogenannte Dreckskind, das sie täglich ertragen müssten. Währenddessen ging ich zu meiner Abf Olivia. Sie durfte immer noch in der Wg-Etage bleiben, hatte das eine Glück damals, sie konnte dem allen entgehen. Wenn ich durfte, ging ich zu ihr hoch. Wir verbrachten Zeit miteinander, die mich echt beruhigte. Abends erbrach ich mein Abendbrot komplett. Ich steckte wirklich vollkommen in dem Teufelskreis Bulimie. Ach ja, das war wirklich die schlimmste Zeit des Lebens.
Im Juni standen dann viele Fahrten bevor, Segelcamp und Klassenfahrt. Ich versuchte das Geld für diese Klassenfahrt absichtlich zu vergessen, damit ich nicht mit musste. Doch meine Lehrerin sagte: "Wenn du nicht mitfahren willst, dann fahren wir gar nicht", das war sowas von lieb, doch da ich natürlich die Fahrt nicht versauen wollte, überwind ich mich und fuhr mit. Irgendwie war dieser Tagesablauf für mich schon ganz normal geworden, auch das Mobbing fand ich nicht mehr schlimm. Ich hatte mich einfach mit dem Gedanken angefreundet, dass ich ja nichts anderes verdient hätte, und ich eben eine Schande für die Menschheit bin. Bei der Klassenfahrt verstanden wir uns etwas besser, wahrscheinlich hatten die Mädchen dann doch etwas Angst bekommen, weil meine Klassenlehrerin nämlich zu mir stand. Aber sobald wir wieder im Internat waren, war es genau dasselbe Spiel. Die anderen behandelten mich wie Luft, eben wie immer. An einem Sonntagabend, naja, es war genau der, nach der Klassenfahrt wurde ich sehr nachdenklich. Ich fragte mich einfach, wie es sich anfühlen würde, wenn ich mich schneiden würde. In der letzten Woche, als wir auf Klassenfahrt waren, und ich mal allein rumstand, habe ich angefangen mir meinen Fingernagel so in die Haut zu bohren, und irgendwie tat das so gut. Am späteren Abend machte ich mir Musik an, Musik, die mich an das letzte halbe Jahr erinnerte, ich ging in die Küche und holte mir ein Messer. Langsam fing ich an, mir damit in die Haut zu schneiden, und es tat richtig gut. Am nächsten morgen jedoch wurde ich sofort von meinen Eltern drauf angesprochen, und meine Mutter erkannte genau, was es war. Ich fragte mich? Wie sie wohl in der Schule reagieren würden? Die Lehrer, Schüler, und Erzieher? Ich weiß noch, wie mich einige Lehrer auf meinen Arm ansprachen, was ich denn da gemacht hätte, doch ich wollte niemals die Wahrheit sagen, ich erfand immer irgendwelche ausreden. Doch im Internat erkannten es die Erzieher sofort, doch auch da versuchte ich es mit einer Ausrede, die Erzieher wollten mir nicht gleich glauben, doch irgendwann gaben sie auf, und ich kam damit durch. Olivia erzählte ich gleich die Wahrheit, denn sie war schließlich meine beste Freundin. Ich hatte mir extra ein Messer eingepackt, und an diesem Abend nahm ich mir vor, mich zu schneiden bis es blutete. Ich wollte Rache, das Dreckskind musste doch irgendwie bestraft werden, außerdem musste ich die Wut irgendwie rauslassen, und irgendwie ging es mir dabei auch besser. Am nächsten Tag muss die Wunde schon ziemlich schlimm ausgesehen haben, denn sie musste sogar von der Krankenschwester behandelt werden. Und am nächsten Tag wurde ich nach Hause geschickt, meine Eltern konnten es gar nicht fassen. Ich war einfach so fertig mit der Welt, keiner Verstand mich, keiner mochte mich, alle hackten sie nur auf mir rum, außer Olivia. Sie war damals für mich ein Engel, der vom Himmel gefallen ist, ohne sie hätte ich das nicht überlebt.
Irgendwann kamen endlich die Sommerferien. Ich wollte gar nicht glauben, dass ich es verdient hätte Ferien zu haben. Das einzige, was ich zu dieser Zeit wollte war sterben. Die Sommerferien waren ebenso der Horror, nachts hatte ich ständig das Gefühl Stimmen zu hören, oder das mich jemand verfolgen würde, und das gruslige, ich konnte mit meinen Augen nichts verfolgen. Niemand verstand mich, alle sagten, dass es doch nur dummes getue von mir sei, und nun hatte ich sogar den Plan dem Leben am letzten Sommerferientag endgültig ein Ende zu setzen. Aylin und ich verstanden uns in den Ferien wieder etwas besser, ich hatte schon das Gefühl, dass sie sich riesen Sorgen um mich machte, und ihr erzählte ich auch von meinem Plan, dass ich mir genau am 31.8.2014 das Leben nehmen werde. Ich hatte verschiedene Pläne, entweder, Pulsadern aufschneiden, oder aus dem Fenster stürzen, die beiden Pläne hatte ich, andererseits hatte ich noch eine einzige Hoffnung. Es wurde nämlich verkündet, dass im nächsten Schuljahr die Gruppen geändert werden. Lena und Aylin würden nicht mehr in meiner Gruppe sein, vorher hieß es sogar, ich würde mit Olivia in ein Zimmer kommen, ein Traum, doch dieser Traum wurde nicht war, als ob man mir sowas gönnen würde. Wie ihr bereits mitbekommen habt, habe ich diesen Versuch überlebt, die Hoffnung hat mich davon abgehalten, dass vielleicht doch noch alles vorbei sein würde, aber nein. Genau am ersten Tag, als ich das Internat betreten hatte, erfuhr ich, dass ich wieder in meine alte Gruppe müsste, und ich und Olivia ein Zimmer, das geht ja gar nicht. Damals hatten wir auch eine ganz schlimme Erzieherin. Sie hatte mir dann im neuen Schuljahr sogar verboten zu ihr zu gehen, weil sie sich nämlich auch anfing zu ritzen. Für mich war das der größte Schock, ich wollte einfach nur sterben. So viele Nächte dachte ich drüber nach, doch eines Tages im Oktober, ich war schon zu Hause, da kam endlich die Erlösung. Meine Mutter erhielt eine Mail von der Schulleitung, dass ich die Schule nicht mehr besuchen darf, und ich erst wieder kommen darf, wenn ich eine stationäre Behandlung hinter mir habe. In dem Brief standen alle Details, meine Mutter war geschockt, wie schon lange nicht mehr, aber was brachte das? In der nächsten Woche wurde ich in Arns Dorf angemeldet, das ist die berühmteste Klinik in meinem Bundesland, in der Ambulanz empfing uns eine sehr nette Psychologen, ihr sollte ich alles erzählen. Nach vielem hin und her wurde dann beschlossen, dass ich auf die Kinderstation kommen sollte. Und dann ging alles ziemlich schnell. Wir durften nochmal nach Hause, um ein paar Sachen zu packen, und dann ging es los. Ich war total gespannt, was mich auf so einer Station wohl erwarten würde? Wie dort die anderen wohl sind? Was man da über den Tag so macht? Als wir ankamen empfing uns ein Pfleger, der uns in einen Raum führte, wo wir auf die Stationspsychologin warten mussten. Die Einweisung hat schon seine Zeit gedauert, doch irgendwann gegen 17 Uhr waren wir endlich fertig, ich verabschiedete mich noch von meinen Eltern, und dann empfing mich eine sehr nette junge Frau. Sie sollte für diesen Tag meine sogenannte Begleitperson sein, damit ich mich nicht verlaufe. Ich wurde in unser Gruppenzimmer geführt, doch irgendwie wollte ich da nicht rein. Ich blieb davor stehen, weil ich Angst hatte, was da wohl für Menschen drin sind. Doch die Pfleger konnten mich gut ermutigen, und ich betrat das Zimmer. Ich war total erstaunt, wie nett die da alle waren, die meisten Kinder waren neugierig, und kümmerten sich um mich. In den nächsten Tagen lernte ich die Pfleger Dienst für Dienst kennen. Die meisten waren total nett, und die Mitpatienten auch. Gut, es gab schon ein paar Jungs, die sehr extrem waren, aber so im Großen und Ganzen waren da alle schon nett. Doch die Meiste Zeit hatte ich dort ziemlich lange weile, also, die Spiele dort waren ja alle nur für sehende, also brachte ich irgendwann meine eigenen mit.
Eine Woche nachdem ich dort angekommen war, passierte etwas total Unglaubliches. Im Frühdienst war ein Pfleger, der seitdem ich da war, noch nicht im Dienst war. Ich fand ihn eigentlich auch nett, doch nett ist echt der falsche Ausdruck. Er schien zu merken, dass ich ziemlich traurig war, denn vor dem Mittag kam er auf mich zu und sprach mich an, dass er dann in der Mittagsruhe mal zu mir kommen würde, damit wir mal reden könnten. Ich musste erst mal realisieren, dass er mich meinte. Aber So richtig geglaubt habe ich ihm das nicht. Ich wartete und wartete und auf einmal ging tatsächlich die Tür auf und er kam rein. Dann setzte er sich an mein Bett und ich konnte ihm alles erzählen. Und er war seit langem der erste Mensch in meinem Leben der mich Verstand, und der mir zuhörte, danach fühlte ich mich sorichtig befreit. In dieser Klinikzeit war er der beste Pfleger von allen, meiner Meinung nach. Er behandelte mich, als ob ich gold für ihn wäre, als ob gerade meine Blindheit das ist, was mich so wertvoll macht. Denn die anderen Kinder behandelte er nicht so wie mich, zu den anderen war er unglaublich streng, und schimpfte oft und laut. Doch zu mir war er ganz anders. Im laufe dieser Zeit hatte ich eine Freundin gefunden, sie führte mich überall hin, und wir machten sehr viel zusammen, allerdings hielt diese Freundschaft nicht lange, denn jetzt habe ich mit ihr keinen Kontakt mehr. In dieser Klinik blieb ich 3 Monate, ich hatte mich schon so richtig an den Alltag gewöhnt, und irgendwann im Dezember, also nach 2 Monaten stand meine Entlassung auf dem Programm. Ich freute mich einerseits, doch andererseits konnte ich mir ein Leben ohne diesen Pfleger einfach nicht mehr vorstellen, er war einfach mein Lebensmittelpunkt, ohne ihn konnte ich einfach nicht mehr. Am 5.1.2015 war es dann soweit. Als ich an diesem Nachmittag entlassen wurde, hatte er nochmal Spätdienst. Ich musste mir wirklich die Tränen verkneifen, denn vor ihm zu heulen, nein, das konnte ich nicht. Am nächsten Tag sollte ich wieder zur Schule gehen. Wir hatten während meines Klinikaufenthaltes eine gute Lösung gefunden. Ab da an würde ich jeden Tag pendeln, morgens hin, nachmittags zurück. Am Abend des Tages lag ich im Bett und weinte, ein Leben ohne diesen Pfleger war einfach nicht auszudenken, doch irgendwie musste es ja gehen, ich würde ihn nie mehr wieder sehen. Am nächsten Morgen stieg ich teilweise aufgeregt, aber auch etwas ängstlich ins Taxi. Wie wohl meine Klassenkameraden auf mich reagieren, wenn ich jetzt wieder da wäre? Doch sie empfingen mich total außergewöhnlich. Jeder einzelne umarmte mich, ich hatte wirklich das Gefühl, ich bin wieder etwas Besonderes. Außerdem hatte ich ja wirklich viel Selbstvertrauen in mich gewonnen, wir Mädels verstanden uns jetzt wieder perfekt.
Ein halbes Jahr später waren dann schon wieder Sommerferien, nun würde ich schon in die achte Klasse kommen. Zwischendurch ging es mir ab und zu schon mal schlecht, aber dieser Pfleger hatte mich so umfunktioniert, was für ein tolles Mädchen ich sei, und das ich einfach nie aufgeben darf. Im Herbst 2015 kam dann jedoch wieder die nächste Krise, und im Frühjahr 2016 begann dann meine nächste richtig heftige Depression. Ich hielt diesen Stress, dieses tägliche fahren einfach nicht mehr aus. Außerdem stressten mich die Lehrer mehr als alle anderen Schüler. Sie riefen mich viel mehr auf, und ich konnte mich total schlecht konzentrieren. Das war vor einem Jahr. Dann war auch schon meine Konfirmation angerückt, es war wirklich ein schönes Fest, doch in Feierlaune war ich gar nicht. Ich setzte wie jeden Tag meine Maske auf, und tat so, als wäre alles gut. In Wirklichkeit hatte ich geplant, dass die Konfirmation der letzte Höhepunkt in meinem Leben sein würde, und dann mein Leben endgültig zu beenden. Zwei Tage nach der Konfi fing ich mich wieder an zu ritzen, doch diesmal versteckte ich die Wunden, indem ich mir lange Pullover anzog. Schließlich sollte das Ritzen kein Hilfeschrei sein, sondern ich tat es zur Erleichterung, damit ich spürte, dass ich überhaupt noch existiere. Ich fühlte mich innerlich einfach so leer, und irgendwann konnte ich vor Angst gar nicht mehr in die Schule. Meine Mutter machte einen neuen Termin in Arns Dorf und ich wurde erneut eingewiesen, doch ich kam nicht auf dieselbe Station, sondern auf eine geschlossene, weil ich so Suizidgefährdet war, dass die Oberärztin keinen anderen Ausweg sah. Diese Station hieß Jugend akut Station. Auf dieser Station waren hauptsächlich Mädchen mit demselben Problem wie ich. Ich hatte dort ein Dreier Zimmer, und bekam dort so viele Medikamente, dass ich gar nicht mitkam, wann ich was bekam, ich nahm es einfach. Die Leute dort waren richtig nett, Und das beste in dieser Zeit war, dass meine Eltern Integration an einer ganz normalen Schule ankurbelten, das hatte die Lehrerin der Klinikschule vorgeschlagen, durch meine Medikamente ging es mir im Juni wieder richtig gut, nahezu perfekt, ich wusste, ich würde an eine stinknormale Schule mit normalen Kindern kommen, endlich würde ich normal sein, ich war glaub ich so happy, wie noch nie in meinem Leben, ich war bereit für die Entlassung, und alle wünschten mir viel Glück. Noch am selben Tag hatte ich einen Vorstellungstermin an einer neuen Schule, ich sollte Schreibtest und so machen, und habe alles erfolgreich bestanden. Die Wahrscheinlichkeit das ich dort genommen werden würde war sehr groß. Der Sommer im letzten Jahr war der schönste meines Lebens, ich war einfach so glücklich, ich freute mich meines Lebens. Und das mit der Schule klappte tatsächlich. Am ersten Tag nach den Sommerferien durfte ich in diese Schule gehen, dazu bekam ich eine Lernbegleitung, die sich in den Unterricht mit rein setzt und mir bei Tafelbildern und so zur Seite stehen sollte. Ich war mich diese vielen Schüler einfach nicht gewöhnt, in meiner neuen Klasse waren wir 21. Ich bekam die ganzen Arbeitsblätter per Stick, und Bücher auch. Oder manche auch von meiner alten Schule in Blindenschrift, doch denkt bloß nicht, dass es mir gegönnt sei, glücklich zu sein, oh nein. Denn ende September war eine Zusammenkunft, mit Eltern, Lehrern und Sozialamt, das Ende des Gespräches ging so aus, dass ich an dieser Schule nicht bleiben kann, und wieder nach Chemnitz zurück musste, das hatten mir meine Eltern nicht gleich gesagt, in dieser Woche lebte ich eigentlich nur von der Hoffnung, ich hoffte und hoffte einfach, dass ich da bleiben konnte, doch natürlich war das nicht der Fall. Jetzt wollte ich endgültig sterben, mein Leben hatte jetzt nun wirklich keinen Sinn mehr.
Als die Herbstferien zu Ende waren hielt ich es gerade mal 4 Tage in Chemnitz aus, und dann war ich eine Woche krank, nach dieser Woche wollte ich es wirklich versuchen, aber natürlich hatte diese Angst wieder Macht über mich bekommen. Am 31.10. wollte ich mir zum zweiten Mal das leben nehmen. Diesmal wollte ich mich erhängen, an diesem Tag hatte ich schon alles vorbereitet, doch meine Mutter sah den Gürtel, und ich signalisierte auch schon, dass ich am nächsten morgen wahrscheinlich nicht mehr existieren würde. Sie rief den Krankenwagen und ich wurde wieder auf dieselbe Station verwiesen wie vor einem halben Jahr. Ich fühlte mich schon komisch, wieder dort zu sein, doch wenn ich nicht dort gewesen wäre, dann würde ich das alles wahrscheinlich nicht aufgeschrieben haben. In meiner dritten Klinikzeit fand die Klinikschulleiterin bereits eine neue Schule, eine Sehbehindertenschule sollte das sein. Bisher dachten wir, es gäbe nur die eine in Sachsen, doch da haben wir uns scheinbar getäuscht. Klar, die zweite war noch weiter weg von meinem zu Hause, aber es war sogar noch ein Internatsplatz frei. Anfang Dezember wurde ich dann entlassen, und Im Januar dieses Jahres ging es dann an der neuen Schule los. Die Klasse war auch ziemlich klein, und generell war es halt eine Sehbehinderten Schule, aber eben nicht Chemnitz, sondern Leipzig. Ich fühlte mich an dieser Schule richtig wohl, auch die Lehrer waren alle nett. Im Internat war es genau dasselbe, ich wurde total herzlich Empfangen. Tja, aber das ging auch nicht lange gut, denn obwohl es mir in Leipzig wirklich gefiel, und das es sicher war, das ich dort bleiben werde war auch klar, doch komischerweise ließen mich diese schlechten Gedanken einfach nicht los, und in einer Nacht war der Ritzdruck so stark, dass ich es erneut tat. Am nächsten morgen gestand ich es einem Erzieher und er ging mit mir zum Arzt, die Wunde musste erneut genäht werden. Seit diesem Tag bin ich jetzt zu Hause, wir sind momentan auf der Suche nach einem neuen Internat oder Wg, weil mich dieses Internat aus Verantwortungsgründen auch bereits rausgeworfen hatte.

Ja ihr lieben, das war meine Lebensgeschichte in kurzfassung. Und ich glaube, so was hat noch keiner von euch durchmachen müssen. Manchmal liege ich abends im Bett und will sterben, doch manchmal denke ich mir: "Josi! Du hast in deinem Leben schon so viel Schlimmes hinter dich bringen müssen, da schaffst du die Zukunft auch noch." Ich hoffe, dass ich nach den Ferien wieder in die Schule gehen kann, denn die Schule hat mich zum Glück behalten. Wir haben jetzt die Übergangslösung gefunden, dass ich drei Mal in der Woche nach Leipzig zur Schule fahre, und dann wieder zurück, und die anderen 2 Tage für zu Hause Aufgaben mitbekomme. Vielleicht hat euch diese Geschichte etwas zum nachdenken angeregt, und es ist wirklich alles war, was ich euch erzählte, kein bisschen ist lüge. Ich würde mich natürlich auch über so viele Kommentare wie möglich freuen, und Privatnachrichten könnt ihr mir auch gern schicken, wenn euch diese Geschichte neugierig gemacht hat. Also, ich werde demnächst bestimmt nochmal schreiben, aber längst nicht sowas langes.
Viele liebe Grüße: Josi
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Re: Blinde Mädchen geben nie auf!

Beitragvon Lynn » So. 16.04.2017, 01:13

Hallo josi,

Ja. Du hast viel mitgemacht. Sicher auch viel mit deinem fehlenden Augenlicht was ich mir überhaupt garnicht vorstellen kann. Hatte vor kurzem eine schlimmere Verletzung an einem Auge und musste kurzfristig also nur mit einem 'funktionsfähigem' Auge zurecht kommen. War das ja schon schlimm für mich :roll: . Es muss extrem hart sein,sein Leben so meistern zu müssen und dir ist viel Leid zugefügt worden.

Du bist jetzt - 16 oder?

Wie lange hättest du denn noch vor dir mit schule? Was wünscht du dir für dich wie es weiter geht? Was war der Grund dich wieder zu schneiden? War es schlecht im neuen Internat? Wurdest du wieder gemobbt?

Was sind deine Ziele? Was würdest du gerne mal machen beruflich?

Finde es schön dass du auch noch die guten und schönen Zeiten erwähnst und sehen kannst.

Viel schlimmes musstest du erleben und die mitmachen. Viel wut, Ausgrenzung. Verachtung angst Traurigkeit und Einsamkeit.
Doch hast du dich irgendwo nie ganz unterkriegen lassen. Du kämpfst weiter. Da steckt doch ganz schön viel Kraft in dir.

Eines würde mich noch interessieren? Wie funktioniert das mit dem Forum hier für dich zu schreiben? Und wie erhältst du unsere antworten? Kann mir das irgendwie nicht vorstellen. Das Forum ist ja praktisch nicht dafür ausgerichtet. Oder hilft dir jemand? Gibt es dafür Programme? Sorry wenn das blöde fragen sind,hab da ja echt keine Ahnung.

Liebe grüße
Lynn
Keine droge der Welt kann dir geben was nicht schon in dir ist. - aber sie kann dir alles nehmen.

Und wenn du gerade das Gefühl hast dass alles auseinander zu fallen scheint. Bleib ganz ruhig. Es sortiert sich nur neu..
Lynn
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Liebe Lynn

Beitragvon Josi16 » So. 16.04.2017, 11:51

Liebe Lynn,
Erstmal möchte ich mich bei dir Bedanken, dass du dir überhaupt die Zeit genommen hast, dir meine Geschichte durchzulesen. Nun möchte ich dir als dank gerne auf deine Fragen antworten.
Ich wurde in meinem neuen Internat nicht gemobbt, im Gegenteil, dort waren alle Kinder sowohl Erzieher richtig nett zu mir. Am Internat lag es ganz und gar nicht. Mehr lag es einfach an vielen Umständen. In dieser Zeit kamen einfach viele Sachen zusammen, die mich belastet hatten. Ich habe diesen Ritzdruck so lange verdrängt, bis ich es einfach nicht mehr aushielt.
Für meine Zukunft habe ich große Pläne? Ich bin momentan neunte Klasse Realschule, nächstes Jahr möchte ich meinen Realschulabschluss machen. Danach möchte ich ganz von meinen Eltern wegziehen. In Berlin gibt es ein Gymnasium für Blinde, da möchte ich das soziale Fachabitur machen. Ich möchte in Berlin studieren, am liebsten Sozialpädagogik, und dann damit in eine psychiatrische Klinik, in die Ambulanz gehen. Mein Traumberuf wäre eigentlich Psychiotherapeutin, doch so gut bin ich dann nun auch nicht. Ich möchte dann ebenfalls in Berlin wohnen, eine Familie gründen, ich liebe Kinder über alles, meine Kinder wären mein Ein und Alles. Am liebsten hätte ich jetzt schon so einen kleinen Schatz an meiner Seite. Ich möchte, dass meine Kinder die glücklichsten Kinder der ganzen Welt werden, und auf keinen Fall so wie ich werden. Das sind so meine Pläne.
In der vierten Klasse gab es bei uns an der Schule ein spezielles Unterrichtsfach namens, Computerschreiben. Mit meinem Laptop bin ich topfit. Dazu hat er eine Sprachausgabe, die mir alles vorliest, mit diesem Programm habe ich mich durch das Forum navigiert. Unten dran an meinem Computer ist eine Braillezeile, diese Zeile überträgt alles das, was auf dem Bildschirm steht in meiner Schrift auf die Zeile, sodass ich Zb. Auch Fehler korrigieren kann und mitlesen kann. Das ich in diesem Forum bin, weiß so gut wie noch keiner, ich mache das alles selbst.

Ich hoffe, ich konnte dir auf alle deine Fragen eine Antwort geben, und dir ist jetzt alles etwas klarer.
Viele Grüße: Josi
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Re: Blinde Mädchen geben nie auf!

Beitragvon Lynn » So. 16.04.2017, 19:29

Hallo josie.,

Danke für deine Antwort. Und es fasziniert mich wirklich sehr wie du das alles Meisterst und dich zum Beispiel auch hier jetzt wieder so schnell so gut zurecht findest. Respekt.

Deine Pläne klingen ganz toll! Finds super klasse dass du solche Ziele hast und daran arbeitest sie zu erreichen! Mach weiter so. Es ist wichtig zu wissen wofür man kämpft.

Hast du eigentlich mal versucht Kontakt zu diesen Pfleger auszunehmen der dir damals so geholfen hat? Ich mein. 1 versuch wäre es wert oder? Vielleicht kommt was zurück? :mrhappy:

Hab beispielsweise immer noch Kontakt zu einer Ärztin die mich vor fast 10 Jahren nach einen suizid versuch begleitet hat. Am Anfang regelmäßig. Inzwischen nicht mehr so oft. Aber doch immer mal wieder. Selbst wenn mal ein Jahr Funkstille ist. Wenn ich sie anrufe nimmt sie sich immer ein paar Minuten Zeit oder antwortet auf meine Briefe. Sie lässt mich irgendwie nicht im Stich. Das ist schön.

Hast du nie alternativen für dein selbstschädigendes verhalten lernen können/gezeigt/gesagt bekommen? Hier gibt es z.b. Einen extra thread dafür.
Wie geht es dir im Moment mit deiner essstörung und deinem selbstverletzendem verhalten?

Möchtest du davon loskommen?

Liebe grüße und danke auch für deine Antwort
Lynn
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