Das Jahr des Todes

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Das Jahr des Todes

Beitragvon MiiChii » Sa. 24.10.2015, 17:33

Hallo ihr Lieben,

ich möchte mir hier nur ein wenig von der Seele schreiben, weil ich gerade echt nicht mehr weiß wohin mit meinen Gedanken bzw. wo ich anfangen soll zu denken und wo aufhören.

Seit gestern/heute Nacht habe ich wieder das Gefühl, dass alles über mich zusammenbricht und in mir steigt wieder diese Nervositität und Verzweiflunng, weil man nicht mehr weiß, wie man diesen Zusammenbruch vermeiden soll oder wo man beginnen soll den Scherbenhaufen, welcher über einen hereingebrochen ist, wegzufegen. Halt wieder einer dieser Momente, wo Suizidgedanken vermehrt auftreten, weil man einfach so extrem überfordert ist und eigentlich nur noch weglaufen will und die Realität am liebsten gänzlich verleugnet.
Ich denke mal, die meisten hier kennen das Gefühl, oder?

Ich wüsste auch echt nicht wo ich anfangen soll. Vielleicht bei dem Stein, welcher mein Nervengerüst wieder zum Einsturz gebracht hat?
Ich glaube gestern wurde mir zum ersten Mal bewusst, dass es gut möglich sein kann, dass ich meine Mutter an Krebs verlieren kann. Vor kurzem hat sie die zerschmetternde Diagnose bekommen und seitdem rede ich mir das alles immer schön. Habe es einfach ignoriert, dass er eigentlich sehr spät erkannt worden ist und schon gestreut hat. Ich meine es sind doch nur mutierte Zellen. Man schneidet den Mist raus und dann kommt 'ne Chemo und dann ist alles wieder gut...oder? Ja..so wird es auf jedenfall ablaufen, davon war ich fest überzeugt. Es kann aber anscheinend auch ganz anders laufen. Es könnte schon zu spät sein. Die Therapie schlägt vielleicht gar nicht an. Und die Erkenntnis macht mich nun endgültig fertig.

Ich habe dieses Jahr schon 3 Menschen verloren.
Die Cousine von meiner Oma müttlerlicherseits (Ich habe sie als ich noch klein war immer als meine "Tante" bezeichnet) sind im Februar einfach die Lichter ausgegangen. Sie war ein Mensch, welcher mich immer in meinen Talenten unterstützt hat und Freude daran hatte Zeit mit mir zu verbringen. Sie war Oberstudienrätin und hatte nie eigene Kinder, obwohl sie Kinder über alles liebte. Ich vermisse das Strahlen in ihren Augen, wenn sie von ihrer Schulzeit erzählte.

Im Juni ging für mich kurzzeitig die Welt unter. Das Herz meiner heißgeliebten Uroma hörte auf zu Schlagen. Wir wussten alle das es bald soweit sein würde, aber auch da habe ich das einfach vor mich hin geschoben und mich nicht damit auseinander gesetzt. In der Nacht saßen meine Mama, meine kleine Schwester und meine Oma alle beisammen bei Kerzenschein an ihrem Bett und waren bis zu ihrem letzten Atemzug bei ihr. Sie hat mir immer so viel ermöglicht. Sie wollte immer das Beste für ihre Kinder und hat einem jedesmal geholfen, wenn man nicht mehr weiter wusste. Ich bin froh, dass sie 89 Jahre werden durfte. Dennoch habe irgendwie Angst, dass ich die Trauer nur verdrängt habe. Mir ging es erstaunlich gut nach ihrem Tod und das obwohl ich vor 2 Jahren noch hätte schwören können, dass ich wahrscheinlich in die Geschlossene muss, wenn sie mal sterben würde.

Vor kurzem dann holte sich der Krebs meine Oma väterlicherseits.
Ich habe nicht viele gemeinsame Erinnerungen an sie. Sie war auch nie ein wirklich wichtiger Bestandteil meines Lebens, weil sie sich für ein Leben abseits der Familie entschieden hatte.
Dennoch wollte ich sie noch ein letztes Mal sehen, als sie im Krankenhaus lag.
Sie erzählte mir Dinge aus meiner Kindheit. Dinge, welche wir gemeinsam unternommen hatten.
Das tat mir furchtbar weh. Ihr letzter Satz bevor ich mich verabschiedete: "Leb dein Leben & lass dich bitte niemals von jemanden herunterziehen." Sie hatte Tränen in den Augen und drücke fest mein Hand als sie dies sagte.

Mit all diesen Schicksalsschlägen würde ich ja noch zurecht kommen. So denke ich jedenfalls zurzeit. Aber wenn mir meine Mama auch noch genommen wird, dann zerberste ich.
Als ich gestern Nacht nach Hause kam und mich die Erkenntnis eiskalt traf, habe ich kaum noch Luft bekommen vor Panik und Tränen.
Ich weiß auch ehrlich gesagt nicht mehr was ich tun kann, um stark zu sein für mich und auch für meine Mum. Es ist ja nicht so, dass dies das einzig wirklich schwerwiegende Problem wäre, welches in meinem Leben weilt. Aber das ist eine andere Sparte und dann würde das hier ein endloser Roman werden.

Ich habe eine solche Angst. Sie ist mir so unglaublich wichtig, wenn nicht sogar der wichtigste Mensch in meinem Leben. Abgesehen davon , dass sie dann nicht mehr unter uns weilen würde, würde ihr Dahinscheiden alle anderen Probleme intensivieren. Ich müsste meinem Peiniger in dieser schweren Zeit unterstützen und ihn andererseits auch bekämpfen. Da gibt es leider gerade keine bessere Beschreibung dazu und eigentlich ist das auch egal gerade.

Tut mir leid, wenn ich hier zu viel geschrieben habe, aber wenn dies hier auch nur eine einzige Person lesen würde, würde mich das schon etwas trösten. Ich kann vor lauter Tränen kaum noch den Bildschirm erkennen, aber ich musste es wirklich einfach mal loswerden.

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Re: Das Jahr des Todes

Beitragvon Mirai » Sa. 24.10.2015, 18:34

Ich habe dich gelesen, weiß aber selbst keinen Rat. Ich drücke dich einfach mal lieb, wenn ich darf. :knutroe:
Mirai
 

Re: Das Jahr des Todes

Beitragvon ViJo » Sa. 24.10.2015, 21:03

Ich habe dich auch gelesen und kann dieses Gefühl ganz und gar nachempfinden, weil ich diese Ängste, um Menschen, die mir die wichtigsten waren und viel bedeuteten, auch gut kenne und durchlitten habe.
Mehr geht dazu nicht, zu frisch, zu nahe.
Ich wünsche dir vob Herzen Kraft und Menschen in deinem nahen Umfeld, die dich unterstützen. Mit dir eine Weg finden und Lösungen, heraus aus deiner derzeitigen Situation, die du kurz zuletzt angeschnitten hast.
Von Herzen kommend alles Liebe für dich.
ViJo
 

Re: Das Jahr des Todes

Beitragvon MiiChii » Sa. 24.10.2015, 22:29

Danke Euch beiden ♥

Eigentlich wollte ich meine Mutter heute wieder Zuhause besuchen, damit sie das Wochenende nicht allein mit ihren Gedanken verbringen muss, aber ich bin heute so unkontrolliert mit meinen Emotionen, dass ich ihr meinen Anblick ersparen wollte. Sie braucht gerade nicht noch eine Heulsuse um sich herum.
Es ist ja noch nichts verloren. Aber die Angst sitzt sehr tief.
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Re: Das Jahr des Todes

Beitragvon MajorSamCater » So. 25.10.2015, 07:51

Hey MiiChii,

darf ich fragen, ob du und deine Mutter schon einmal über diese (vllt. auch eure) Ängste gesprochen habt? Denkst du, es könnte dich vllt. etwas erleichtern und im Gegenzug würde es sie vllt. auch erleichtern, über ihre eigene Angst zu sprechen?

Für Krebspatienten bieten manche Kliniken ja eine besondere psychologische Betreuung an, käme das vllt. für euch in Frage?

Es tut mir ehrlich leid, dass das alles passiert ist.

Mir geht das gerade sehr nahe, verzeih, dass ich nicht mehr schreibe.

:cuddle:

Ich wünsch dir alles Gute.

Sammy
MajorSamCater
 


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