Wünsche, Träume, Realitätsverlust

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Wünsche, Träume, Realitätsverlust

Beitragvon Doulette » Mo. 29.08.2016, 22:20

Hallo, Leute.
Ich danke diesem Forum für die Möglichkeit mich endlich mal aussprechen zu können.
Seit mehreren Jahren plagen mich schon Gedanken, die ich manchmal echt verzweifeln lassen. Alles fühlt sich so surreal an, nichts in diesem Leben, das mich wirklich befriedigt. Dinge die mir viel Spaß bereitet haben, sind heute bloß Beschäftigungen die man machen kann, wenn es denn sein muss. Das einzige, was mir wirklich hilft sind Gras und Alkohol. Nicht in großen Massen, alles nur so viel wie benötigt um mal abschalten zu können, einmal durchzuatmen, das Leben für ein paar Minuten hinter sich zu lassen und woanders hin zu reisen. Es fühlt sich an als würden diese Stoffe meine eigentlichen Gedankengänge und alles über mein Leben hemmen.
Nüchtern denke ich oft, dass es wohl besser wäre gar nicht erst zu sein. Ich habe keine Freunde, die wirklich meine Freunde sind. Alles eher Bekanntschaften. Niemanden, mit dem ich über sowas reden kann, weil niemand mich mit meinen 20 Jahren für voll nimmt. Ich lebe jeden Tag ein Leben das nicht lebenswert ist. Es ist auch kein "Tatsächliches" Leben. Eher eine Art Zeitvergeudung bis der Tag gekommen ist. Mir selbst mag ich - trotz der vielen, wirklich ansprechenden Möglichkeiten - das Leben nicht nehmen. Ich kann das nicht, umsonst und für nix sterben. Möchte aber auch nichts für mein Leben tun, da es mir die Anstrengung nicht wert ist. Ich gebe da nicht viel drauf. Daher habe ich mich bereits damit abgefunden, entweder per Zufall etwas getan zu haben, dass Nennswert ist und dann zu gehen, oder zu hoffen dass ohne mein Einwirken etwas passiert (Autounfall, etc.). Ich denke viele würden mir jetzt raten, mir Ziele zu setzten, diese zu verfolgen und damit was zu erreichen. Aber man kann sich keine Ziele setzten, wenn das Leben und alle Ziele einen nicht wirklich locken oder interessiert. Es ist nicht attraktiv genug, was dafür zu tun. Vielleicht auch nur ein Motivationsding, aber ich werde es nicht los und habe mich bereits damit abgefunden.
Angefangen hat das alles damals als ich 8 Jahre alt war und meine Mutter an Brustkrebs verstarb. Mein Vater ließ seine übrige Wut an mir und meinem 4 Jahre jüngeren Bruder aus. Viele Nächte habe ich geweint, zu Gott und meiner Mutter gebetet mich hier raus zu holen, aber als nichts kam, war jegliche Hoffnung an Religionen und meine Mutter aufgegeben. Das Leben endet eben irgendwann unter der Erde. Und danach das Nichts.
Da meine Familie versucht hat ihn davon abzuhalten so mit uns umzugehen, hat er uns von ihr getrennt. Oft würde ich misshandelt, bei dem Versuch meinen Bruder zu schützen. Viele gebrochene Knochen, und einen noch gebrocheneren Willen. Vor einigen Jahren heiratete er eine andere Frau. Leider entwickelte sich die Story zu einer Aschenputtel-Geschichte ohne Happy-End. Die meiste Zeit des Tages verbrachte ich mich Kochen oder Putzen, wenn nicht, dann war ich im Zimmer eingesperrt. Mit 14 hatte ich meine erste Sex-Erfahrung.. Mit ihrem Sohn. Auf einer recht unfreiwilligen Basis, aber ich wusste noch nicht was das war, und was er da tut. Glücklicherweise ist er mittlerweile ausgezogen. Die Küche und das Wohnzimmer hat sie stets abgeschlossen. Aufgelockert hat sich die Situation erst, nach Anfang meiner Ausbildung vor zwei Jahren. Endlich hatte ich das Geld meinem Bruder und mir vieles zu kaufen, was wir oder eher er sich wünschte. Aber auch das hielt nicht lange, denn ich muss rund 70% meines Einkommens an ihn abtreten. Dazu kommt, dass er mich heute gezwungen hat, einen Kredit in Höhe von 2.500€ auf zu nehmen.
Ich möchte hier einfach weg, aber das funktioniert nicht. Ich hab das bereits einmal versucht, da stand er bewaffnet vor der Tür - trotz Polizeischutz. Er überredete das Jugendamt, und ich landete wieder bei ihm. Ein weiterer Versuch würde mich tatsächlich das Leben kosten. Außerdem haben mein Vater und seine Frau zwei weitere Kinder bekommen, die stark auf mich angewiesen sind. Wenn ich fliehe, tut er das selbe mit denen. Das kann ich nicht zulassen. Aber mit ihnen gehen kann ich auch nicht.

Ich bin wirklich am verzweifeln, aber irgendwie auch nicht. Vieles davon trifft mich nicht mehr so, wie es sollte. Es fühlt sich so betäubt an, so unreal, so falsch. Als wache ich gleich wieder auf und alles ist gut.
Es fällt mir schwer Traum und Realität zu unterscheiden, Gefühle zu äußern und sich anderen anzuvertrauen.
Das ist alles so komisch...
Doulette
 

Re: Wünsche, Träume, Realitätsverlust

Beitragvon loner » Mi. 31.08.2016, 07:13

Hallo...
Der erste Teil deiner Worte sind wie ein Spiegel für mich. Mir geht es ganz genauso. Und ich nehme mir daher schon sehr lange vor eine Therapie zu beginnen. Doch geht es mir nicht richtig schlecht, dann denke ich immer, dass es ja noch irgendwie ohne geht. Und geht es mir schlecht, dann fehlt mir die Kraft und der Lebenswille, der mich bewegen würde.

Was in deiner Familie passiert ist, ist schlimm. Du bist doch 20 und kannst ohne Jugendamt ausziehen oder? Ich verstehe deine Angst, aber du musst da weg und dir vor allem keine Unsummen an Geld abnehmen lassen. Gibt es nicht Organisationen, die dir helfen können? Vielleicht solltest du sehr weit weg ziehen und deinen Namen ändern. Ich kenne mich mit den Möglichkeiten nicht aus, weiß aber dass das schon geklappt hat. Wie viele Kontakte hat dein Vater, die dich aufspüren könnten? Es macht Sinn, sich vorher einen Plan zu machen und zu überlegen über welche Wege er dich finden kann. Vielleicht hast du das alles schon gemacht. Ich finde nur, du solltest dich ihm nicht bis zu seinem Tod aussetzen....
LG
Wie einfach wäre das Leben, wenn sich die unnötigen Sorgen von den echten unterscheiden ließen. (Karl Heinrich Waggerl)
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Re: Wünsche, Träume, Realitätsverlust

Beitragvon Doublette » Mi. 31.08.2016, 20:31

Hey,
Danke dir für die liebe Antwort.

Das sehe ich genauso. Seit langem plane ich schon, mir professionelle Hilfe zu suchen, die Sache mal von neutralen Augen zu begutachten lassen. Aber so schlimm ist das nicht, es gibt Leute die es dringender benötigen. Es läuft ja noch alles, mir geht es mehr oder weniger gut. Es sind eben diese totalen Downphasen die einem echt zu schaffen machen, aber zu dem Zeitpunkt denke ich mir "warum denn jetzt noch was tun? Lohnt sich eh nicht." Total zwiegespalten.

Ich wünsche mir wirklich nichts anderes als das, was du gesagt hast durchzusetzen. Aber weniger interessiert mich da meine Zukunft, sondern die meiner Geschwister. Selbst wenn ich das tue und endlich "in Frieden" leben kann, wird es mich innerlich auffressen sie daheim gelassen zu haben. Das ist leider nichts was ich verantworten kann oder möchte. Aber sie mitnehmen fällt leider auch raus... Ausserdem kann ich den Kredit nicht alleine zurück zahlen.
Vielleicht spielt das Schicksal ja irgendwann doch mit mir und das Auto trifft eher ihn als mich.
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Re: Wünsche, Träume, Realitätsverlust

Beitragvon Ruby » Do. 01.09.2016, 12:47

Hallo Doublette,

wie auch loner, kann ich mich im ersten Teil Deines Postings teilweise wiederfinden. Ich glaube, ich kann Dich sehr gut verstehen. Ich habe auch oft das Gefühl, dass mein Leben reine Zeitvergeudung und sowas von überflüßig ist, ein reines Abwarten, bis die Zeit gekommen ist. Manchmal denke ich, dass es niemanden stört, wenn ich mich selbst aus dieser Welt vom Acker machen würde. Aber wie Du schon schreibst, es wäre dann wirklich ein für nix sterben. So elend nutzlos. Ich glaube auch, dass eine Therapie der richtige Weg ist, das alles aufzuarbeiten.

Es macht mich zudem ziemlich sprachlos, was in Deiner Familie alles schon passierte. Es ist schlimm, was Du schon alles mitmachen musstest. Kein Wunder, dass es Dir dabei nicht gut gehen kann. Nur schon von dem her würde Dir professionelle Hilfe sicherlich gut tun.

Ich würde Dir wie loner dazu raten, wegzuziehen. Ich kann natürlich gut verstehen, dass Du Dir dann um Deine Geschwister Sorgen machst. Aber es darf doch nicht sein, dass Dein Vater eine solche Macht über Dich ausüben kann. Du müsstest dort unbedingt weg, liebe Doublette. Vielleicht könnte Dir dabei der Sozialpsychiatrische Dienst in Deiner Gegend auch eine Hilfe sein. Denen könntest Du auch von Deinen Sorgen bezüglich Deiner Geschwister und vielleicht auch die Geschichten mit dem Kredit und Deinem Vater erzählen. Es ist ja nicht richtig, dass Du für Schulden Deines Vaters gerade stehen musst. Und es muss ja auch nicht sein, dass Du zu Deinen Geschwistern den Kontakt verlierst. Vielleicht könnten Sozialarbeiter vom sozialpsychiatrischen Dienst Dir dabei schützend eine Hilfe sein.

Ganz lieben Gruß
Ruby
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