Bin mit dem Leben überfordert.

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Bin mit dem Leben überfordert.

Beitragvon Hannah » Fr. 20.05.2016, 18:17

Ich bin mit dem Leben überfordert.

Ich bin Sozialphob und schon seit vielen Jahren. Das kommt wahrscheinlich daher, das ich als Kind stark geschielt habe und ich oft gemobbt wurde. Ich wurde als Schielauge, Behindi und Brillenschlange bezeichnet. Auch musste ich mir dumme Sprüche anhören, da ich mit 10 Jahren erst in der 2. Klasse war und auch noch auf einer Förderschule war. Das perfekte Opfer.
So zog ich mich immer sehr zurück und saß lieber in meinem Zimmer, zeichnete, hörte Musik und spielte Videospiele. Ich entwickelte eine richtige Angst Menschen gegenüber. Meine Familie bekam das natürlich mit und hatten auch Verständnis dafür. Dennoch wollten sie, das ich mich anpasste und Freunde finde. Mit anpassen ist gemeint, das ich mich mädchenhafter verhalten sollte und auf Videospiele und Anime etwas verzichten sollte. Denn wenn ich mal einen Freund haben sollte, würde ich mich damit nicht mehr beschäftigen. Naja, hat sich nicht wirklich geändert.
Doch das wollte ich als Kind/Teenager nicht hören. Ich mochte „Mädchensachen“ nicht. Das ging so weit, dass ich mich in einem Schultheaterstück geweigert habe, ein Kleid für eine Rolle zu tragen. Ich eckte irgendwie immer irgendwo an. In der Schule, in der Familie, später in der Lehre.
Auch meine Angst zu Menschen wurde auch richtiger Hass. Das klingt komisch, aber ich habe mich viele Jahre über von keinem Menschen richtig verstanden gefüllt. Ich wurde immer als „anders“ bezeichnet. Ich mochte Anime/Manga, Videospiele und keine Mädchenklamotten, als Mädchen. Ich sah komisch aus, hatte ne komische Stimme und war lieber für mich alleine und hatte kaum Freunde.
In der Zeit war ich nur ängstlich und depri drauf.
Jetzt komme ich zu der Zeit, nach der Schule.
Ich habe mittlerweile akzeptiert, dass ich ein Mädchen bin und kleide mich auch gerne weiblich. Nur jetzt muss ich mir anhören, dass ich entweder abnehmen soll oder schwanger aussehe. Ich habe mit ca. 18 habe ich den Hauptschulabschluss gemacht und kam dann ins H4-System, wo Maßnahmen wichtiger sind als einen Schulabschluss nachzuholen. Ich wusste nicht, was ich machen sollte, wo ich hin sollte. Jeder ging mir auf die Nerven eine Lehre zu machen. Aber ich wollte es wegen der Ablehnung von Menschen nicht und wollte meine neue „Freiheit“ genießen.
Zu der Zeit lernte ich meinen Mann kennen. Die ersten 1 ½ führten wir eine Fernbeziehung. Ich kam in eine 3 Monatsmaßnahme, war wieder arbeitslos, kam wieder in eine 1 Woche Maßnahme und war wieder arbeitslos. Das Amt hat mir auf Grund von, das ich nicht wusste wohin und dem Hauptschulabschluss, mir die Berufe Verkäufer und Fachkraft Gastgewerbe angedreht. Ich wollte die aber nie, hatte mich auch nicht getraut zu sagen, dass ich mit Menschen nicht klar kam und Angst vor ihnen habe.
Ich wurde dann mit Anfang 20 in eine Verkäuferausbildung gesteckt. Das Amt war glücklich, mich los zu sein und die Familie war stolz auf die Lehre.
Aber ab da ging es mit mir Berg und seit 3 ½ komme ich nicht mehr wirklich klar.
Ich war mit furchtbaren Frauen in der Klasse. Frauen, die sich dauernd in der Wolle hatten, die mir einredeten, dass mein Mann mir fremdgehen würde. Obwohl die selber in einer Partnerschaft waren und in der Disko mit andren rummachten. Sozialpädagogen und Ausbilder, die auf Zwang eine „wir haben uns alle lieb Klasse´“ machen wollten“ und mich und eine andere als komisch abstempelten, weil wir lieber für uns waren. Es gab ständig Streit in der Klasse und die Erwachsenen Weiber haben sich selber kindisch verhalten und eine andere auch gerne mir Ragiergummistücken beworfen.
Die Praktika habe ich immer gehasst. Nervige Kunden, Kollegen, die einen anschnauzen, Chefs, die einen anzumaulen, weil man mal krank ist und dann diese Tätigkeit. Ich hasse es, denn ganzen scheiß Tag Ware zu verräumen, MHD-Kontrolle zu machen und Ware vorzuziehen. Ich hasse diesen ganzen Beruf.
Nach 1 ½ habe ich abgebrochen. Meine Familie war wütend und eine Jahre lang hat meine Mutter mir nicht geglaubt, wie schlimm es für mich war. „Du hast dich auch nicht immer richtig verhalten“ Na und? Ist mir doch egal, ich habe mir den Dreck nicht ausgesucht. Ich kam dann für 8 Wochen in eine Tagesklinik.
Ich muss sagen, dass ich während der Lehre sehr, sehr oft krank war. Ich ging immer mit Kopfschmerzen und Bauchschmerzen zum Arzt. Ich war auch für 11 Tage im Krankenhaus, weil ich mit Kopfschmerzen hin ging und Viren in meinem Rückenwasser gefunden wurden. Es war aber so, dass ich Kopfschmerzen wegen Schlägen auf dem Kopf hatte und mir die auch teilweise eingeredet hatte. Ich wollte da nur weg und hoffte auf Hilfe im Krankenhaus. Ich ahnte ja nicht, das da was war. Es war schrecklich.
Nach der Tagesklinik ging es wirklich besser. Das hielt aber nicht lange. Es fing wieder an. Mit den Ausrastern, dem selbst schlagen, mit der Unsicherheit, der Angst.
In den letzten 2 Jahren und 2 Monaten habe ich eine Therapie, Zwangsmasßnahme mit Praktikum und die 10. Klasse abgebrochen.

Ich bin einfach mit allem überfordert. Ich habe das Gefühl, das jeder was von mir verlangt. Die Familie, will dass ich eine Lehre mache, abnehme, aus mir rauskomme. Ich muss die Wohnung in Schuss halten. Ich muss mich wieder bewerben und wieder 1000 Sachen einreichen, Dinge mit den Ämtern klären. Obwohl ich noch keinen Cent bekomme. Vor allem setzte ich mich selber unter Druck. Ich kann nicht mehr.
Ich habe Angst vor Menschen, vor der Welt. Ich komme mit Druck nicht klar und habe dann wieder diesen Druck im Kopf. Ich werde aggressiv, weil mir alles zu viel wird. Dann schlage ich um mich, mich selbst und heule wieder. Ich entwickle wieder diesen Hass, werde ganz still und verliere mich in meinen dunklen Gedanken.
Ich würde am liebsten schreien: „Ich kann nicht mehr, ich will euren dummen Druck nicht und ich bin eben anders!!!"
Und während ich das wieder schreibe, habe ich wieder diesen Druck im Kopf.

Das alles geht so schlimm jetzt seit 3 ½ und ich kann nicht mehr. Ich bin einfach fertig.
Hannah
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Re: Bin mit dem Leben überfordert.

Beitragvon Richi » Sa. 21.05.2016, 07:10

Hallo Hannah
Es ist nicht licht, einen guten Weg für sich zu funden, wenn man über viekle Jahre hinweg schlechte bzw. negative Erfahrungen gemacht hat. Viele Betroffene, die nicht mehr weiterwissen oder können, ziehen sich dann wohl eher durch diese Überforderung zurück und isolieren sich von anderen Menschen und im schlimmsten Fall auch vom Leben. Ich glaube aber, daß man gute menschliche Kontakte und Rückmeldungen braucht, um sich richtig zu entwickeln. Es wird sehr schwer, wenn man sich selber für wertlos hält.
Sich und die eigene Roll zu finden, ist gar nicht so einfach, besonders, wenn schon viel im Leben schiefgelaufen ist. Manchmal dauert es sehr lange. Der Weg dorthin ist nicht nur lang und schwierig, sondern es können auch weitere Rückschläge auf einen warten.
Es gibt bestimmt viele Menschen, die nicht wissen, was sie machen sollen bzw. was sie aus sich machen sollen. Es sind leider oft sehr individuelle Probleme und dadurch gibt es auch wahrscheinlich sehr viele verschiedene Möglichkeiten einer Lösung. Es ist oft bei vielen Menschen eine Art Gradwanderung zwischen der eigenen Existenzsicherung und dem, was man eigenlich gerne machen möchte. Manchmal paßt es einfach nicht zusammen. Es wäre jedoch schön, wenn man etwas finden würde, was einem zugleich Spaß macht und womit man seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Ich glaube, es ist jedoch wichtig, daß man sich selber nicht aufgibt und weiterhin bereit dazu ist, an sich selber zu arbeiten.
Etwas Unterstützung könnte auf diesem schwierigen Weg vielleicht sogar hilfreich sein. Wenn man allleine nicht mehr klarkommt und der Druck zu groß wird, braucht man vielleicht sogar doch Hilfe von außen. Über die eigene Situation und die eigenen Probleme zu reden, kann evtl. schon hilfreich sein und ist zumindest ein Anfang. Vielleicht konntest Du ja schon durch Deinen Beitrag etwas von Deinem Druck hier im Forum zurücklassen.
Ich hoffe, daß Du es schaffst, Dich aus dieser Krise zu befreien. Vielleicht bekommst Du ja durch Deine Partnerschafft den notwendigen Rückhalt, um weitere Schritte gehen zu können. Es ist halt ein sehr anstrengender und schwieriger Weg, sich selber aus der Krise zu ziehen und mit der eigenen Vergangenheit und den negativen Erlebnissen fertig zu werden. Ich glaube aber, daß es der Mühe Wert ist.
LG von Richi
Richi
 

Re: Bin mit dem Leben überfordert.

Beitragvon Atisha » Sa. 21.05.2016, 18:26

Weisst du was ich jetzt mache, ich lege mich in die soziale Hängematte. Beziehe volle Erwerbsminderungsrente und Sozialhilfe oder Wohngeld ... je nach Situation. Ich will bald in eine kleine Wohnung umziehen. Die sollen mich mit ihren Anforderungen in Ruhe lassen. Ich muss mich um mich selbst kümmern und vor allem muss ich machen was ich denke und will. Das ist jetzt mein Dreh- und Angelpunkt. Ich versuchen niemandem mehr zu gefallen oder was recht zu machen, ich bin ich, ich mache was ich will, weil ich das auch kann und weil ich gut bin und lieb und ein Herz habe und Verstand. Deswegen ist das was ich mache und anstrebe richtig. Oft sage ich mir da draußen geht mich nix an, wie ihr auch euere Blicke auf mich werfen tut. Zuerst muss ich gesunden und machen was ich möchte, dann kommt erst die Anforderung der materiellen und äußerlichen Welt.
Atisha
 

Re: Bin mit dem Leben überfordert.

Beitragvon Richi » So. 22.05.2016, 07:16

Hallo Hannah
Ich hoffe, daß Du für Dich Deinen eigenen Weg finden wirst. Es kann anstrengend sein, aber es könnte sich für Dich lohnen. Etwas geschafft zu haben, was man sich vornimmt, kann Dein Selbstwertgefühl steigern. Sich einfach hängen zu lassen, kann ich aus meiner Erfahrung heraus Dir nicht raten, denn es könnte Deine Situation früher oder später nur weiter verschlimmern. Du könntest evtl. in eine weitere Krise geraten, bis nichts mehr geht oder man fängt im schimmsten Fall an sich zu betäuben, um nichts mehr zu merken und macht sich dann noch etwas vor. Es könnte hilfreich sein, ersteinmal zu versuchen, irgendwie mit sich selber zufrieden zu sein, damit man genügend Energie für die weiteren Schritte zur Verfügung hat. Man kann dadurch evtl. Rückschläge besser wegstecken und geht nicht so leicht zu Boden. Erfolge, wenn auch zuerst ganz kleine, werden bestimmt Dein Selbstbewusstsein steigern. Ich wünsche Dir viel Erfolg auf Deinem Weg.
LG von Richi
Richi
 


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