Stellvertreter-Gefühle

Hier könnt Ihr Euren Gefühlen und Gedanken freien Lauf lassen.

Stellvertreter-Gefühle

Beitragvon SoundOfSilence » Mi. 21.10.2015, 00:32

Hallo zusammen,

motiviert durch einen anderen Thread, in dem bei vielen Usern durchkommt, dass sie von einem bestimmten geschilderten Vorgang (misshandelnde Eltern) sehr wütend werden, während der eigentlich betroffene User (also das misshandelte Kind) genau diese Wut eben NICHT aufbringt, möchte ich das als Thema gerne ausgliedern.

Ich denke das "Phänomen" kennen hier einige, in Zusammenhang mit vielen "Ungerechtigkeiten". Das "Opfer" gibt sich selber die Schuld, und die Wut wird gewissermaßen ausgelagert. Die "Zeugen" werden stellvertretend wütend (oder traurig oder Neid oder oder) - und die "Täter" leben unbehelligt von all dem, so oder so.
Ich kenne das als "Zeuge" und ich kenne es auch als "Opfer", das einfach keine Wut aufbringt, selbst wenn es einsieht, dass da jemand anderes etwas "Falsches" macht...
Andererseits kenne ich auch ein Übermaß an Gefühl - wo ich gar nicht sagen kann, wo das herkommt und wo es hingehört. Insgesamt alles ziemlich verschoben... (Nichts ist mehr da, wo es Sinn macht, alles geht durcheinander, alles wird miteinander verstrickt...).

Nun ist das natürlich unterschwellig immer Thema in meinem Leben, auch in meiner Therapie. Und KOGNITIV hab ich das längst "geblickt"... Aber... emotional bleibe ich "ver-rückt" (oder eben "verschoben")...

Es gibt hier bestimmt Viele, denen es ähnlich geht. Und vielleicht habt ihr Lust, dass wir uns gegenseitig helfen, und gegenseitig ein bisschen anstacheln, auch das zu empfinden, was eine Situation "eigentlich" hergibt... Also, mal ganz humorvoll helfen... :mrgreen:

Ich hab mir das so vorgestellt: Wer etwas erlebt und den Eindruck hat, dass ihm "das Gefühl dazu" fehlt, der beschreibt hier die Situation und sein Gefühl dazu - und wer sich gerade "ereifern" kann, der lässt seinen Gefühlen mal freien lauf, sozusagen stellvertretend....... Aber: kurz und knackig und nicht unter der Gürtellinie - aber ganz deutlich... ;)
Und: Das Ziel ist der "Unhold", nicht der User... ;)


Also, ich fange mal an:

Der Zahnarzt hat mir einen Zahn gezogen, obwohl ich ausdrücklich gesagt habe, dass ich das nicht möchte weil ich das unter Narkose in der Klinik machen lassen möchte. Er hat einfach angefangen, obwohl ich misstrauisch war, und mich beschwichtigt - und dann war es zu spät und er konnte nicht mehr aufhören und ich musste ihn weiter machen lassen.
Ich finde das total blöd, aber ich glaube er hat das gemacht, um mir Angst zu ersparen. Und weil er mich albern findet. Und dass ich irgendwie ja auch albern bin...

Wer hat Lust?
SoundOfSilence
 

Re: Stellvertreter-Gefühle

Beitragvon senta » Mi. 21.10.2015, 01:29

:?: und was ist da wessen Stellvertreter-Gefühl?
senta
 

Re: Stellvertreter-Gefühle

Beitragvon SoundOfSilence » Mi. 21.10.2015, 08:41

Hey Senta,

Niemandes. Die Frage an dieser Stelle wäre ja eher, warum ich es nicht schaffe wütend zu sein bzw. da ich es nicht schaffe, ob jemand anders will...? Stellvertretend...
SoundOfSilence
 

Re: Stellvertreter-Gefühle

Beitragvon Charlotte » Mi. 21.10.2015, 09:01

Na, bei dem Zahnarzt fällt es mir sehr leicht, wütend zu werden! Er hat da nicht nur deine Grenzen missachtet, sondern auch mal eben das Gesetz gebrochen, denn er darf an dir keine Behandlung durchführen, der du nicht zugestimmt hast. Wo kommen wir denn da hin, wenn jeder Arzt macht, was er für richtig hält, ganz egal was der Patient will? :shock:
Zu dem würde ich mindestens nie wieder gehen, eventuell würde ich sogar darüber nachdenken, ihn bei der Ärztekammer zu melden. So ein Armleuchter...
Charlotte
 

Re: Stellvertreter-Gefühle

Beitragvon manon » Mi. 21.10.2015, 09:02

das ist eine gute idee liebe silence,funktionieren kann sie allerdings nur ohne netiquette :wink:

der zahnarzt hat etwas getan,was du nicht WOLLTEST....da darfst du nicht mehr denken,daß
er eine gute absicht hatte.....eigentlich warst du wütend oder?

so ein stellvertreter muss auch mal zubeissen können,der muss schon haare auf den zähnen
haben(mindestens),wenn er sich nicht auf das niveu von dem A...loch,der tut was er will
begeben möchte :twisted:
manon
 

Re: Stellvertreter-Gefühle

Beitragvon SoundOfSilence » Mi. 21.10.2015, 17:03

manon hat geschrieben:das ist eine gute Idee liebe silence, funktionieren kann sie allerdings nur ohne netiquette :wink:


schön, dann also ohne Nettiquette... :mrgreen:


@Charlotte und Manon: Danke für eure stellvertretende Wut. Ich weiß natürlich, dass ich wütend sein sollte. Dass er etwas getan hat, das er nicht tun darf. "Körperverletzung" hat mein Therapeut es genannt, und dringend zur Anzeige, mind. bei der Ärztekammer geraten... Aber... Ich mag nicht. Ich denke halt, es war gut gemeint... Und auch wenn ich das, kognitiv, einsehe, dass das gar keine Rolle spielen sollte, es fehlt mir dann einfach jede Motivation...
Aber: ich arbeite dran! Da sieht man mal, wozu WUT wichtig wäre... Als Motivation, etwas zu ändern (und das mal an einer Stelle, an der man tatsächlich etwas ändern könnte...)
SoundOfSilence
 

Re: Stellvertreter-Gefühle

Beitragvon Charlotte » Mi. 21.10.2015, 17:32

Kannst du bei so was eigentlich ganz rationale Entscheidungen treffen? Also statt 'Ich zeig den jetzt an, weil er meine Grenzen überschritten hat und eine Körperverletzung begangen hat' zu sagen 'Ich zeig ihn an, weil er so was bestimmt nicht nur bei mir macht und weil ich anderen Patienten so eine Erfahrung ersparen möchte'. Würde dich das motivieren, diesen Arzt zu melden?
Weil ich sehe das genauso wie dein Therapeut. Ganz egal, wie du das jetzt für dich betrachtest, dieser Arzt ist generell eine Gefahr für seine Patienten und sollte zu spüren bekommen, dass er etwas Falsches getan hat.
Charlotte
 

Re: Stellvertreter-Gefühle

Beitragvon SoundOfSilence » Mi. 21.10.2015, 17:40

@Charlotte

das hab ich mir auch schon gesagt, dass es ja nicht nur um mich geht. Allerdings denke ich dann, dass ich aber "ein besonderer Fall" bin weil ich so viel Angst habe und ihn so damit nerve... Weil ich so naiv war, ihm überhaupt zu glauben, dass er nix tut (wo ich doch schon die Vermutung hatte, dass er sich da doch an dem Zahn zu schaffen macht). Und dann bin ich eben auch, vor Angst, kurzzeitig dissoziiert dort (nachdme ich aber klar gesagt habe, dass ich dafür in eine Klinik will) - sonst hätte ich ihn ja möglicherweise aufhalten können... Ich bin also gar nicht so sicher, ob
a) eine andere Patientin überhaupt so blöd wäre das mit sich machen zu lassen (hart formuliert)
und b) die Ärztekammer ihm überhaupt "Probleme" deswegen machen würde (denn denen müsste ich ja auch beantworten, warum ich nicht gleich als ich den Verdacht hatte, dass er gegen meinen Wunsch handelt, gegangen bin...)

Es ist übrigens eine Weile her, dieser Vorfall. Ich war seitdem nicht mehr da. Und werde auch dort nicht mehr hingehen. Trotzdem denke ich gelegentlich schon, dass er vielleicht auch andere Patienten "verletzt" durch seine übergriffige Art...

Allerdings muss ich wohl auch zugeben, dass diese "Andere schützen müssen" - Kiste eine ist, die ich (an ganz anderer Stelle) einfach nicht richtig öffnen kann ... Ich weiß, ich müsste. Ich wünschte wirklich ich würde. Aber ich bin feige.
SoundOfSilence
 

Re: Stellvertreter-Gefühle

Beitragvon Charlotte » Mi. 21.10.2015, 18:06

Also, mal der Reihe nach.
SoundOfSilence hat geschrieben:a) eine andere Patientin überhaupt so blöd wäre das mit sich machen zu lassen (hart formuliert)

Das ist völlig irrelevant. Ein Arzt darf nur Behandlungen durchführen, zu denen der Patient sein Einverständnis gegeben hat. Auch wenn du dissoziiert bist, darf er nur tun, wozu du vorher dein Einverständnis erteilt hast. Ein Chirurg kann ja auch nicht während einer OP weitere, nicht abgesprochene Behandlungen durchführen. Es ist dein Körper und du alleine hast das Recht zu entscheiden, was damit passiert - dissoziiert oder nicht. Er hat da das Gesetz gebrochen, Punkt.
SoundOfSilence hat geschrieben:b) die Ärztekammer ihm überhaupt "Probleme" deswegen machen würde (denn denen müsste ich ja auch beantworten, warum ich nicht gleich als ich den Verdacht hatte, dass er gegen meinen Wunsch handelt, gegangen bin...)

Ob die Ärztekammer ihm da Probleme machen würde, kann ich dir nicht sagen, weil ich mich da nicht auskenne. Aber es ist nicht deine Pflicht, bei einem Verdacht zu gehen, sondern seine, dein Recht auf eigene Entscheidungen zu wahren. Du musst niemandem erklären, warum du geblieben bist, du wolltest schließlich eine Behandlung durch ihn - ABER eine Behandlung, die du vorher mit ihm abgesprochen hast. Du konntest gar nicht wissen, dass er mehr macht und noch dazu etwas, das du ihm vorher ausdrücklich verboten hast zu tun.

Natürlich ist es deine Entscheidung, was du tust. Du könntest ja auch einen Mittelweg wählen und einen anonymen Brief schreiben. Wie gesagt, ich weiß nicht, ob die Ärztekammer auf so was reagiert. Mein Glaube an ein funktionierendes Rechtssystem schreit 'Ja, tun sie!', meine Erfahrungen mit Behörden sagen 'Naaaa ja...', aber es wäre ein großer Schritt für dich, weil du es einerseits nicht einfach hingenommen hast, andererseits aber nicht Gefahr läufst, diese Entscheidung vor wem-auch-immer rechtfertigen zu müssen. Du kannst dich für dich damit auseinandersetzen, diesen Schritt gewagt zu haben, und weißt, dass da von der Ärztekammer aus für dich nichts mehr nachkommen wird.
Und vielleicht fühlen sie dem Armleuchter dann ja doch mal auf den Zahn... (Muahaha, ich liebe Wortspiele. :mrgreen: )
Charlotte
 

Re: Stellvertreter-Gefühle

Beitragvon SoundOfSilence » Mi. 21.10.2015, 21:22

Muahahah :mrgreen:
Guter Gedanke, Charlotte - auf die Idee bin ich wirklich nicht selber gekommen (wo ist der Smiley der sich vor die Stirn haut) - und DAS kann (und werde) ich TUN!

Ich danke dir!
SoundOfSilence
 

Re: Stellvertreter-Gefühle

Beitragvon Charlotte » Mi. 21.10.2015, 21:42

Gerne. Ich freu mich, wenn ich dir helfen konnte. (:
Charlotte
 


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