Verstehen

Hier könnt Ihr Euren Gefühlen und Gedanken freien Lauf lassen.

Verstehen

Beitragvon Janina » Fr. 25.04.2014, 02:34

Hi,

mir gehen so einige Dinge durch den Kopf, hab heute jmd. von mir erzählt, so dass ich danach sehr aufgewühlt bin.
Ich habe die letzte Zeit und außerdem seit Langem immer wieder Therapie gemacht, in verschiedene Th. Wgs gezogen, wohne seit einigen Jahren alleine und möchte jetzt mit meinem Freund, mit dem ich schon seit einigen Jahren zusammen bin, zusammen ziehen.
Hab einer Bekannten erzählt, dass ich kaum wieder zu erkennen wäre, wenn Leute mich von früher kennen. Dass mit mir damals fast kein Vergleich möglich wäre.
Ich musste mit 21 Jahren lernen zuzuhören, und wusste nicht, wie man jmd. zuhört, da meine Gedanken immer abgeschweift sind, ohne es zu merken. Dass ich mich kaum getraut hatte etwas zu sagen, was sich im Alter von 14 bis 18 Jahren enorm verschlimmerte. Mir konnte niemand sagen, ob ich aus meinen Dingen jemals rauskomme und hatte Angst, ich könnte eines Tages in die Psychiatrie eingeliefert werden.
Im Nachhinein wusste ich, ich hatte in dem Alter präpsychotische Zustände, ich wusste zwar noch nichts von Psychosen, hatte aber gemerkt, dass mein Gehirn nicht mehr abschalten konnte und wusste nicht warum. Hatte Glück, dass mir ein Homöopath helfen konnte, wieder besser abzuschalten und schlafen konnte, obwohl er mich auch oft über dosierte und mir Anfangs nicht erklärte, dass ich Erstverschlimmerungen hatte.
Ich hab so wahnsinnig viel gelernt!
Und mir ist besonders in letzter Zeit durch die Therapie so viel klar geworden.
Dass es wahnsinnig weh tut, zu wissen, wie ich bei meinen Eltern aufgewachsen bin, dass ich verstehe, dass das verkehrte Welt war und weiter noch wäre, würde ich mich noch immer in deren Nähe aufhalten.
Würde ich mich in der Nähe meiner Familie aufhalten.
Dass so vieles hätte anders sein können, wenn meine Familie nicht wäre, wie sie ist.
Das ist verdammt traurig, tut tierisch weh, wenn man versteht in welcher Scheiße und verzweifelten Einsamkeit ich groß werden musste. Dass ich keine Schuld habe, wie ich als Kind und Jugendliche dachte.
Als junge Frau hatte ich aus mir damals unerklärlichen Gründen das Gefühl, mich mag kein Mensch auf der Welt, an mir haftet irgendwas ekeliges. Das ekelige kam von meiner Mutter, sie hatte mich ab der Pubertät psy. verwahrlosen lassen. Mir wird jetzt klar, ich hatte zu ihr noch niemals wirklichen Kontakt, Halt, konnte mir irgend etwas zeigen, was mir half. Weder im Haushalt, den ich selbstverständlich zu putzen zu können hatte, auch wenns mir keiner zeigte, weder Kochen, noch schulisch mich später unterstützen konnte, noch sich mit mir sonst in irgendeiner Form mit mir unterhielt. (Sehr selten!)
Alles in irgendeiner Form analytische Denken, Interesse an Dingen, am Lernen- glaube ich, habe ich alles von meinem Vater mitbekommen. Er war es, der mir den Kosmos anhand von Äpfeln und Orangen erklärte, d ich versuchte meine Fantasie zu erklären, was wäre wenn...zwar Stunden gebraucht, bis er mich endlich verstand, aber mit ihm versuchte ich darüber zu sprechen, nicht mit meiner Mutter, die war meistens nicht erreichbar und lebte in ihren Depressionen.

Und ich glaube, dass mein Vater langsam versteht. Dass er sich entschuldigen möchte aber nichts ungeschehen machen kann. Dass er versteht, dass er mir viel Leid angetan hat, zwar nicht weiß was eigentlich, jedoch weiß, dass er an meinem heutigen Leben mitträgt.
Heute verstehe ich mich besser, weil ich die letzten Jahre verstanden wurde. Ich verstehe auch mein Freund besser, dass meine Wahrnehmungen bei ihm richtig sind und stimmen, auch wenn er alles abstreitet und mit NEIN abtut.

Schlimm ist, wenn ich sehe, wie die Kinder früherer Freunde aufwachsen müssen, die Eltern haben mit denen ich früher im weitesten Sinn "befreundet war". Die ihre Kinder nicht wahrnehmen, blind und taub sind, dass ihr 8-jähriger Sohn kaum deutsch sprechen kann. - Die Eltern sind Deutsche! Ihre anderen beiden Söhne im Alter von 16- bis ca. 18 enorm übergewichtig sind! Könnte man auch sagen, dass ist Körperverletzung, Vater ist auch eine Tonne, Mutter rank und schlank!
Dass das immer noch passiert, tagtäglich und man nichts machen kann- nicht direkt. Sieht, wie eine von ihrer Mutter oder Schwester misshandeltes Mädchen leidet, irgendwie es schaffen muss dort zu leben.
Irgendwie denkt man, wenn man all die Situationen einigermaßen verarbeitet hat, dass so etwas auf der Welt nicht mehr vorkommt.
Mein Leben bleibt weiterhin spannend, ich wünsche mir zwar alles in "Trockenen Tüchern" das alles funktioniert, dass ich alles kann, was ich mir wünsche.
Aber das ist eine Utopie, alles ist und bleibt mit Arbeit verbunden. :)

LG Janina
Janina
 

Re: Verstehen

Beitragvon Amon » Fr. 25.04.2014, 13:11

Da finde ich mich sehr stark wieder in dem wie du aufgewachsen bist und von der gesamten Konstellation.

Für mich war die Psychose "normal" und ich wusste jahrelang nicht dass ich etwas hatte.

Ich finde es toll das du so viel geschafft hast, allerhöchster Respekt!
Amon
 

Re: Verstehen

Beitragvon Janina » Sa. 17.05.2014, 10:09

Hallo Amon,

ich hatte hier letztens eine sehr lange Antwort geschrieben, als ich sie dann senden wollte, war sie weg, wie an anderer Stelle auch, das war das 2. Mal, dass mir das hier passierte.- Leider-

Janina
Janina
 

Re: Verstehen

Beitragvon Amon » Sa. 17.05.2014, 14:53

Du kannst auch eine Antwort in einen Text-Editor oder Schreib-Programm "Vor"-schreiben und dann hier rein kopieren, wenn dein Web Macken macht.

Habe ich mal ein zeitlang so gehandhabt, aus Not, weil die Beiträge weg waren.

Sehr schade für das Lange was du geschrieben hast. Tut mir leid.
Amon
 

Re: Verstehen

Beitragvon Janina » Sa. 17.05.2014, 22:01

Hallo Amon,

ich versuch´s nochmal. Danke für deine Anerkennung letztens!
An dem Tag wurde ich von einer Bekannten nach meiner Familie gefragt. Ich erzählte ihr dann so einiges. Ich hatte mich bewusst zurückgehalten, um bei mir nicht allzu viel aufzuwühlen. Jedoch kam das dann später, als ich eigentlich schlafen wollte. Außerdem hielt ich mich gerade am Ort Nähe meiner Kindheit auf. War also quasi um die Ecke, wo so vieles passiert war.

Mir ging durch den Kopf, dass mein Vater jetzt zumindest versucht ein wenig von mir zu verstehen-, wenn er es sich vornimmt. Ich habe letztens zum Therapeuten gesagt, dass mir m. Vater nun wie ein kleiner Junge vorkommt, mit dem ich nur über seine Themen, die ihn interessieren in Kontakt komme. Das Schlimme daran ist, als Kind wars nicht anders.

Das hat dann wieder mal weh getan am Telefon, aber ich wollte nicht streiten und habe mich dann „brav“ mit ihm unterhalten. Ich selbst musste mich dann wieder wie eine Mutter zurücknehmen, stelle ich gerade fest, also ich musste nicht nur als Kind für Mutter Mutter sein, sondern also auch für Vater.
Ob ich dass in Zukunft noch über mich ergehen lassen will, ich glaube nicht. Irgendwann werden sich meine Ohren automatisch auf taub stellen und ich auflegen wollen.
Toll ist, in der Therapie kann ich meinen Gedanken freien Lauf lassen und es hört jemand zu und ist da.

Dann kann man besser über schmerzende Situationen nachdenken, besser in sich spüren, was das mit einem macht, wenn da immer jemand ist (deshalb möchte ich schon so gut wie kaum mehr Kontakt zu den Eltern), dem die eigene Situation (ich) egal ist, egal war, nichts damit anfangen kann und dann Thema Wechsel anordnet.
An anderer Stelle hat sich mein Vater mal darüber beschwert, ich würde von mir nichts erzählen, er kenne mich ja gar nicht!- Woher dass wohl kommt?!

So sind nun mal Väter, deren Väter für den Alltag des Sohnes nicht zuständig waren, sondern die Mutter (meine Oma) und Vater (m. Opa) als Familienoberhaupt Anordnungen traf. – Mein Vater hat es von seinem Vater (und der von seinem Vater usw.) nicht gelernt, so „einfache Sachen“ wie seinem Kind zuhören.
Vielleicht kann ich ihm mal verzeihen, wenn mir jemand oft genug zugehört hat und mich auch versteht und in dem Moment da ist, (in dem der einfach „nur“ zuhört)
(Zuhören kann ganz schön anstrengend sein, seine Meinung, seine Erfahrungen zurückzuhalten!)
Deshalb möchte ich hier an anderer Stelle z.B. die ganze Bandbreite bestimmten Verhaltens und Denkens manchmal aufzeigen, was aber glaube ich, nicht unbedingt verstanden wird.

Meinen Opa habe ich noch gut in Erinnerung. Ich hatte mal den Auftrag in der Ferienzeit unsere Großeltern zu fragen, wie denn für sie der 2. Weltkrieg war. Vater hatte mich noch unterstützt ihn zu fragen, ich hatte schon so ein komisches Gefühl, ich fragte trotzdem.
Antwort von Opa in dem er mit der Faust auf den Tisch schlug: „In diesem meinen Hause wird nicht über den Krieg gesprochen! Basta!“

Janina :opti:
Janina
 

Re: Verstehen

Beitragvon Amon » Sa. 17.05.2014, 23:21

Mir hilft es auch die Zusammenhänge durch die Ereignisse der Vergangenheit besser zu verstehen, in meiner Familie.

Die Gedanken zu stoppen die einen überwältigen ist nicht unmöglich, klappt bei mir auch immer besser. Schön das du noch mal geschrieben hast! Sehr lehreich und hilfreich!
Amon
 

Re: Verstehen

Beitragvon Janina » Mo. 19.05.2014, 15:06

Hallo Amon,
darauf wollte ich ja antworten und hatte es auch.
Ich finde es toll das du so viel geschafft hast!
(Irgendwie kapiere ich das hier mit dem kopieren nicht.)
Hier nochmal:

Als ich 14 war, war ich so verwirrt!
Denn als ich an einem Tag bei uns ins Wohnzimmer ging, war Chaos. Mein Bruder war anscheinend unserem lieben Hund auf die Pfoten getreten, was ihm furchtbar Leid tat, seine Wurst- und Käseplatten, wir wollten gerade Abendbrot machen, stellte er dann vor lauter Schreck auf den Boden, um die Hände frei zu haben, damit er unseren Hund trösten konnte, der furchtbar jaulte.
Mein Vater saß mal wieder in seinem Lesesessel und schrie meinen Bruder an, dass er die Platten sofort auf den Tisch stellen sollte! Da kam ich gerade rein und dachte, was denn hier los ist. Mein Bruder kurz vorm Heulen, total gedemütigt, der Hund jaulte, Vater schrie.
Da mein Bruder mich sonst immer fertig machte, und er ständig den großen Macker raushängen lies und mir zu verstehen gab, dass ich als die Jüngere sowieso total blöde war, verstand ich gar nicht, dass er plötzlich so klein war, vor unserem Vater so zusammenfiel und nicht wusste, was er jetzt zuerst machen sollte.

Außerdem hatte ich mir auch Sorgen um den Hund gemacht, hatte Angst, dass sein Pfötchen gebrochen war. War es anscheinend nicht. Vielleicht jaulte er so laut, weil er keine Lust mehr hatte, dass er dauernd übersehen wurde und damit protestierte!

Ich glaube ich hatte dann keinen Hunger mehr. Ich fand die alle nur noch scheiße und schwor mir, wenn ich erwachsen bin will ich alles wissen, Alles, restlos!!!
Das war die Schlüsselsituation dazu.

Ansonsten geht es mir heute prima! Aber davon evt. ein anderes Mal! :3xhoch:

Janina
Janina
 

Re: Verstehen

Beitragvon Janina » Fr. 12.06.2015, 16:58

Ich bin nochmal hier, weiß aber nicht, ob meine Antwort angenommen wird, da ich mich mal abmeldete und mich nicht wieder anmelden konnte.
Das mit meinen Eltern ist für mich relativ abgeschlossen, ich kann ihnen auch einigermaßen verzeihen. Sehr gut war die Therapie, ich konnte sehr viel bearbeiten und loswerden stelle ich gerade fest.
Mein Vater ist wie er ist, aber ich muss in dem Irrsinn nicht mehr mitmachen und sage ihm nun was ich denke und fühle, relativ ohne mich zurückzunehmen. Er schluckt schon- und ich nicht mehr. Und stellt fest, dass seine Tochter wer ist, dass ich sehr klare Meinungen habe und sehr klare Wahrnehmungen, von ihm, von m. Mutter.
Janina
 


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